Athen. . Griechenland greift erstmals mit aller Härte gegen eine immer stärker werdende Neonazi-Szene durch: Die Justiz hat Haftbefehle gegen die Führung der rechtsradikalen Partei „Goldene Morgenröte“ erlassen. Parteichef Nikolaos Michaloliakos sowie weitere Abgeordnete und Parteifunktionäre wurden verhaftet.

Aufgerüttelt durch den Mord an einem linken Musiker hat die griechische Justiz zur Zerschlagung der Neonazi-Partei „Goldene Morgenröte“ (Chrysi Avgi) ausgeholt. Die gesamte Führung der Partei sitzt seit dem Wochenende in Gewahrsam. Bürgerschutzminister Nikos Den­dias spricht von einem „historischen Tag“, Kommentatoren sehen einen „Sieg der Demokratie“.

So bald wird Nikos Michaloliakos seine komfortable Wohnung im Athener Vorort Pefki wohl nicht wiedersehen. Seit Samstag sitzt der Chef der „Goldenen Morgenröte“ in einer Arrestzelle des Athener Polizeipräsidiums. Am Dienstag werden ein Untersuchungsrichter und ein Staatsanwalt über die Ausstellung eines Haftbefehls entscheiden. Dass Michaloliakos auf freien Fuß kommt, ist unwahrscheinlich. Denn die am Samstag erhobene Anklage enthält schwere Vorwürfe: Bildung einer kriminellen Vereinigung, Mord, Körperverletzung, Schutzgelderpressung, Geldwäsche.

20 Personen festgenommen

Nachdem schwer bewaffnete Beamte der Anti-Terror-Spezialeinheit der Polizei den Parteichef Samstag früh in Handschellen aus seiner Wohnung geführt hatten, wurden nach und nach weitere 20 Personen festgenommen. Darunter sind vier Parlamentsabgeordnete und führende Funktionäre der Partei, aber auch ein Polizist und eine Polizistin, die an Straftaten der Goldenen Morgenröte beteiligt waren oder sie gedeckt haben.

Am Sonntagmittag stellte sich auch der zunächst flüchtige ­Abgeordnete Christos Pappas, der als Nummer zwei der Partei gilt, der Polizei. Beim Betreten des Polizeipräsidiums hob Pappas den Arm zum Hitlergruß und rief „Es lebe die Goldene Morgenröte“. Nach elf ­weiteren Beschuldigten wurde am Sonntag noch gefahndet. Die 1985 gegründete und 1994 als Partei zugelassene „Goldene ­Morgenröte“ führte lange das Dasein eines politischen Mauerblümchens. Bei Wahlen kam sie lange nicht über ein Prozent Stimmenanteil ­hinaus. Dann kam die Krise samt Sparauflagen der internatio­nalen Geldgeber.

Parteichef wird als „Führer“ gegrüßt

Massenarbeits­losigkeit und wachsende Armut trieben den Neonazis, die Adolf Hitler als „unseren großen Führer“ verehren, Anhänger zu. Bei der Wahl vom Juni 2012 erzielten sie sieben Prozent und schickten 18 ­Abgeordnete ins Parlament. In einer Umfrage von Anfang September lag die Partei sogar bei 13 Prozent.

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Die Massenfestnahmen dürften den kometenhaften Aufstieg der ­Partei zunächst einmal stoppen. Sie scheint bereits in der Defensive.

Viele Straftaten

Michaloliakos, der sich angeblich von Vertrauten auf Deutsch als ­„Führer“ anreden lässt, und den anderen Angeklagten drohen langjährige Haftstrafen. Neben dem Mord an dem 34-jährigen Musiker werden ihnen die Ermordung eines pakistanischen Migranten, Mordversuche an ägyptischen Einwanderern und Erpressung vorgeworfen.

Der Partei droht ein Verbot als krimineller Vereinigung. Heute berät das Parlament über eine Gesetzesänderung, die der Goldenen Morgenröte die staatliche Parteienfinanzierung entzieht.