Athen.. Die Ermordung des Musikers Pavlos Fyssas hat Griechenland erschüttert. Die Neonazi-Partei „Goldene Morgenröte“ soll den Mord geplant haben. Die Faschisten sitzen im Parlament. Bei Razzien nahm die Polizei im nordgriechischen Thessaloniki fünf Mitglieder der Partei wegen unerlaubten Waffenbesitzes fest.

Nach dem Mord an dem 34-jährigen Pavlos Fyssas durch einen Rechtsextremisten kommen immer neue alarmierende Details über die Aktivitäten der griechischen Neonazi-Partei Goldene Morgenröte ans Licht. Bei Razzien nahm die Polizei im nordgriechischen Thessaloniki fünf Mitglieder der Partei wegen unerlaubten Waffenbesitzes fest. Auf der Insel Euböa wurden drei weitere Parteimitglieder mit nicht zugelassenen Waffen gestellt.

„Erhalten ihre Befehle vom Führer“

Gegen den mutmaßlichen Mörder Giorgos Roupakias, einen Anhänger der Partei, wurde am Samstag Haftbefehl erlassen. Die Anklage lautet auf vorsätzlichen Mord und unerlaubten Waffenbesitz. Roupakias sagte in den Vernehmungen, er sei von Fyssas angegriffen worden und habe aus Notwehr zugestochen.

Zahlreiche Augenzeugen berichten dagegen, Roupakias sei mit seinem Auto vorgefahren, ausgestiegen, gezielt auf Fyssas zugegangen und habe ihn mit mehreren Messerstichen in die Brust getötet. Auch die Auswertung von Mobilfunkdaten widerspricht der Darstellung des Verdächtigen.

Danach ist Roupakias offenbar mit dem Mord, dem ein Streit zwischen Fyssas und Mitgliedern der Neonazi-Partei in einem Café vorausging, beauftragt worden. Er erhielt unmittelbar vor der Tat auf seinem Handy einen Anruf des Ortsgruppenleiters der Partei, der ihn zu dem Café beorderte.

Der Parteifunktionär soll seinerseits unmittelbar vor der Tat auch Telefonkontakt zu einem Abgeordneten der Goldenen Morgenröte gehabt haben, heißt es in Kreisen der Ermittler. Damit verdichten sich die Indizien, dass der Mord an dem 34-jährigen Pavlos Fyssas offenbar geplant war.

Diese Überzeugung äußerte auch ein früheres Mitglied der Neonazi-Partei. Danach sei der linksgerichtete Rap-Musiker Fyssas wegen seiner Texte schon länger im Fadenkreuz der Goldenen Morgenröte gewesen. In griechischen Medien wird jetzt auch die Frage diskutiert, welche Rolle Parteichef Nikos Michaloliakos in dem Mordfall spielt.

Ohne sein „OK“ laufe keine Aktion der Goldenen Morgenröte, sagen Insider: „Wir sind alle Instrumente des Führers, auch die Parlamentsabgeordneten erhalten ihre Befehle vom Führer“, erklärte der Zeitung „Ethnos“ ein Parteimitglied, das Adolf Hitler als sein Vorbild bezeichnet.

Leibwächter abgezogen

Einblicke in die Strukturen der Goldenen Morgenröte gibt auch ein anonymes Parteimitglied, das gegenüber der Sonntagszeitung „To Vima“ erklärte: „Wir haben eine paramilitärische Organisation mit mindestens 3000 Mitgliedern, die zu allem bereit sind“. Danach verfügt die Partei über etwa 50 „Sturmabteilungen“ sowie ebenso viele sechsköpfige „Stoßtrupps“, die vor allem zu „Angriffen gegen Ausländer und für Vergeltungsschläge gegen Feinde der Organisation“ eingesetzt werden.

Trainiert würden diese paramilitärischen Gruppen von Elite-Ausbildern der griechischen Armee, „die uns unterstützen“, erklärte der Informant. Ein anderes ehemaliges Parteimitglied sagte der Zeitung „Kathimerini“, unter den Mitgliedern der Goldenen Morgenröte seien auch bewaffnete Berufsverbrecher.

Die Regierung beratschlagt nun, wie der Neonazi-Partei beizukommen ist. Die griechische Verfassung, die 1974 nach dem Sturz der Militärdiktatur geschrieben wurde, sieht keine Verbotsverfahren gegen Parteien vor. Es gibt auch kein Verfassungsgericht, das ein solches Verbot aussprechen könnte.

Die Regierung erwägt jetzt, die Strafrechtsparagrafen 167 und 195, die sich auf kriminelle Vereinigungen beziehen, zu verschärfen und auf politische Parteien anwendbar zu machen. Außerdem prüft sie Wege, der Goldenen Morgenröte die Gelder aus der staatlichen Parteienfinanzierung zu streichen. Ihren Polizeischutz haben die 18 Parlamentsabgeordneten der Goldenen Morgenröte bereits verloren: Bürgerschutzminister Nikos Dendias zog die als Leibwächter abgestellten Beamten jetzt ab.