Straßburg. . Ist die Finanzkrise in Europa schon vorbei? In der Europäischen Union jedenfalls gehen die Ansichten auseinander, ob Europa die Krise hinter sich hat. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso lobte die Gemeinschaft für ihr Krisenmanagement. Diese Ansicht teilten nicht alle im EU-Parlament.
EU-Kommissionschef José Manuel Barroso schlug im Europa-Parlament optimistische Töne an: Erstmals seit Jahren habe die Europäische Union beim jüngsten Treffen der führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) nicht Kritik, sondern Anerkennung für ihr Krisen-Management geerntet, sagte der Portugiese in seiner letzten Rede zum Zustand der EU („State of the Union“) vor den Europawahlen im Mai.
Auf den Abgeordnetenbänken herrschte dagegen deutlich weniger Zuversicht, dass das Schlimmste überstanden sei.
Barroso verwies auf eine Reihe ermutigender Wirtschaftsdaten, die zeigten, dass sich die seit fünf Jahren unternommenen Reform-Anstrengungen auszahlten: „Erholung ist in Sicht!“ Der Fraktionschef der christdemokratischen EVP, Barrosos Parteifreund Joseph Daul, sieht Europa ebenfalls „auf dem richtigen Weg.“ Demgegenüber kritisierten die Sozialdemokraten, der Kommissionschef spende sich ein ungerechtfertigtes Eigenlob.
„Elend und Perspektivlosigkeit“
Wenn man nicht auf abstrakte Zahlen schaue, sondern auf Menschen und Schicksale, sei das Bild düster, sagte der sozialdemokratische Fraktionschef Hannes Swoboda. In Spanien seien im vergangenen Monat gerade einmal 31 neue Arbeitsplätze geschaffen worden. Für die Grünen klagte Fraktionschefin Rebecca Harms, das EU-Krisenmanagement habe „in weiten Teilen Elend und Perspektivlosigkeit geschaffen“.
Auch der parlamentarische Anführer der Liberalen, Guy Verhofstadt, warnte vor der Illusion, die Krise sei überstanden. Die Zeichen der Erholung bedeuteten lediglich, dass die Talsohle erreicht sei. Es drohe aber „ein langer japanischer Winter“ – Jahre der Stagnation, wie sie Japan zuletzt erlebte.
Europa muss nicht alles regeln
Die Europäische Union braucht nach Ansicht von Kommissionspräsident Barroso Vertragsänderungen für „mehr Europa“ in manchen Politikbereichen. Er versprach aber gleichzeitig auch Selbstbeschränkung: „Nicht alles braucht eine europäische Lösung.“
Subsidiarität – also die Zuständigkeit lokaler, regionaler und nationaler Stellen – sei „ein grundlegendes demokratisches Prinzip“. „Die EU muss groß bei großen Fragen und klein bei kleinen Fragen sein – etwas, was wir vielleicht in der Vergangenheit gelegentlich missachtet haben“, sagte er. Die EU müsse auch „achtsam hinsichtlich der Menge und der Qualität ihrer Gesetzgebung sein“. Noch vor den Europawahlen vom Mai 2014 wolle er Vorschläge für „die Zukunft der Union und die Stärkung und Vertiefung der Gemeinschaftsmethode“ vorlegen.