Essen. Eine “grundlegende Neuorganisation“ der Familienkassen sorgt für Probleme bei der Auszahlung des Kindergelds. Tausende Eltern warten teils seit mehreren Monaten darauf, dass der Staat den Zuschuss auszahlt. Die zuständige Bundesagentur für Arbeit entschuldigt sich - und verspricht Abhilfe.

Die Agentur für Arbeit hat Probleme bei der Auszahlung des Kindergeldes. Bundesweit müssen viele Familien drei Monate oder länger auf Überweisungen warten. Wie groß die Zahl der tatsächlich Betroffenen ist, ist zwar unklar. Unter Verzögerungen könnten aber bis zu 80.000 Eltern leiden – Paare, bei denen Vater oder Mutter im Ausland wohnen oder dort arbeiten oder ausländische Arbeitgeber haben.

Ursache sind Pannen bei einer „grundlegende Neuorganisation“ der Familienkassen. Für Fälle, in denen ein Elternteil „einen Bezug zum Ausland“ hat, werden die Auszahlungsstellen von bisher 102 auf bundesweit nur acht verringert. „Das ist auch vernünftig“, sagt Werner Marquis von der NRW-Regionaldirektion der Bundesagentur. „Die Fälle sind aufwändig und fachlich anspruchsvoll“, Unterlagen müssten oft aus dem Ausland angefordert oder übersetzt werden. In der Vergangenheit habe es immer wieder Bearbeitungsrückstände und Wartezeiten gegeben.

Arbeitsagentur setzt zusätzliches Personal ein, um das Problem zu lösen

Das passiert allerdings auch in Umstellungsphase in erheblichem Umfang. Die Neuorganisation, die seit Mai läuft, funktioniert nur stockend. Akten und Daten kommen nicht rechtzeitig bei den neuen Zahlungsbehörden an.

Die Arbeitsagentur, die die Kindergeld-Auszahlung jeden Monat an insgesamt 8,8 Millionen Haushalte im Bundesauftrag durchführt, hat bereits erste Notbremsen gezogen: „Neben Überstunden wird zusätzliches Personal eingesetzt, um den Kunden schnellst möglichst die gewohnte Qualität zu bieten“, sagt Marquis. Vorübergehend würden auch Fall-Übertragungen an die neuen zuständigen Kassen gestoppt.

Bundesrechnungshof kritisierte Organisation der Familienkassen

Von den insgesamt 80.000 potenziell Betroffenen sei „nach aktuellem Stand nur ein kleiner Teil von ausstehenden Zahlungen belastet“, sagt die Bundesagentur. Der WAZ liegen aber Berichte von nordrhein-westfälischen Eltern aus den letzten Tagen vor, nach denen das seit Monaten fällige Kindergeld immer noch nicht überwiesen wurde. Marquis: „Wir bedauern die Unannehmlichkeiten und entschuldigen uns ausdrücklich“.

Die Organisation der Familienkassen war bereits vor drei Jahren in die Kritik geraten. Der Bundesrechnungshof warf ihnen vor, sich untereinander nicht abzustimmen und so Betrügereien möglich zu machen. In 1300 Fällen sollen damals Angehörige des öffentlichen Dienstes über viele Jahre Kindergeld mehrfach kassiert haben. Schaden: Neun Millionen Euro.