Berlin. . Sind die Krankenkassen zu geizig? Ihr Medizinischer Dienst empfiehlt offenbar häufig ablehnende Bescheide – vor allem, wenn es um Hilfsmittel und Reha-Maßnahmen geht. Gesundheitsminister Daniel Bahr kritisiert die massenweisen Ablehnungen.
Krankenkassen haben 2012 bei Hunderttausenden Patienten Zahlungen für das Krankengeld, die Reha oder für Hilfsmittel abgelehnt. Dies geht aus Zahlen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) hervor.
So sind die MDK-Gutachter 230.000 Mal zu dem Schluss gekommen, dass der krankgeschriebene Arbeitnehmer eigentlich wieder arbeiten könnte. Insgesamt erstellten sie rund 1,46 Millionen Gutachten. Im Jahr zuvor waren es etwa 1,55 Millionen Fälle. In beiden Jahren hielten die Prüfer 13,7 Prozent der Versicherten für arbeitsfähig.
In 39 Prozent der Fälle sagte der MDK „nein“ zur Reha
Der MDK Westfalen-Lippe hat 50.000 Personen direkt überprüft und bei 20 Prozent die Arbeitsunfähigkeit als nicht mehr gegeben gesehen. Wie oft die Kassen die Krankschreibung aber aufgehoben haben, ist unklar.
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Bei bundesweit fast 700.000 Prüfungen zu Reha-Leistungen schlussfolgerten die Gutachter in 39 Prozent der Fälle, dass die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt waren. Im Bereich der Hilfsmittel erstellten sie rund 500.000 Gutachten und kamen bei 37 Prozent zu einem negativen Urteil. Während der MDK auf die rückläufige Zahl der Prüfungen verwies, gehen Patientenschützer von einer steigenden Anzahl von hilfesuchenden Versicherten aus.
Gesundheitsminister Bahr gegen Massen-Abweisungen
Massive Kritik kam aus der Politik. „Es darf nicht zu einer massenweisen Ablehnung kommen“, sagte Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP). Dies sei nicht in Ordnung. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU), verwies auf die Möglichkeiten, die das Patientenrechtegesetz bietet: „Schicken die Kassen einen Ablehnungsbescheid, haben die Versicherten ein Widerspruchsrecht. Wird der Widerspruch auch abgelehnt, dann kann man vor dem Sozialgericht klagen – wobei in der Regel keine Gerichtskosten anfallen“, sagte Zöller unserer Zeitung. Zugleich warf er den Kassen eine mangelhafte Informationspolitik vor. Grundsätzlich habe er nicht den Eindruck, dass die Kassen ihre Versicherten über das Patientenrechtegesetz ausreichend informierten.
„So kann man den Anspruch ,Reha vor Pflege’ nicht einlösen“, sagte SPD-Gesundheitspolitikerin Carola Reinmann mit Blick auf die abgelehnten Bescheide. Die Kassen hätten wohl Angst, dass sie wegen steigender Kosten Zusatzbeiträge erheben müssten, sagte Reimann und forderte deren komplette Abschaffung.