Essen.. Amnesty International und Linkspartei sind entsetzt: Trotz der immer schlechter werdenden Menschenrechtslage in den Golfstaaten steigen die deutschen Rüstungsausfuhren dorthin. Die Regierung bezeichnet Saudi-Arabien, Katar und Co. als „Stabilitätsfaktoren“ in der Region.

Die deutschen Rüstungsexporte in die Golfregion steuern trotz der schlechter werdenden Menschenrechtslage dort auf einen neuen Rekordwert zu. Im ersten Halbjahr 2013 genehmigte die Bundesregierung Rüstungsausfuhren mit einem Gesamtvolumen von 817 Millionen Euro in die sechs Länder des sogenannten Golfkooperationsrats. Im gesamten Vorjahr hatte das Volumen der Exportgenehmigungen für diese Region 1,42 Milliarden Euro betragen. Menschenrechtler und Oppositionspolitiker kritisieren die Entwicklung scharf.

Im Golfkooperationsrat sind Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate organisiert. Im Zuge der Umwälzungen in der arabischen Welt nimmt dort die innere Repression zu. So geht beispielsweise Saudi-Arabien streng gegen Kritiker des Königshauses vor, erst kürzlich wurde ein junger liberaler Blogger zu sieben Jahren Haft und 600 Peitschenhieben verurteilt.

Panzer und Haubitzen für Katar

Aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linken geht hervor, dass Katar und Saudi-Arabien in der Region die mit Abstand größten Kunden deutscher Rüstungsunternehmen sind. Für Katar wurden im ersten Halbjahr Rüstungsexporte im Wert von rund 635 Millionen Euro genehmigt, für Saudi-Arabien im Wert von rund 118 Millionen Euro.

Um was für Rüstungsgüter es sich dabei genau handelt, konnte das zuständige Bundeswirtschaftsministerium auf NRZ-Anfrage nicht mitteilen. „Eine entsprechende Auswertung wird jedoch natürlich im Rahmen des Rüstungsexportberichts der Bundesregierung erfolgen“, so eine Sprecherin. Die Genehmigungen für Katar umfassten jedenfalls Lieferungen von Panzern und Haubitzen.

Das Ministerium rechtfertigt die Rüstungsexporte an die undemokratischen und autoritär geführten Länder damit, dass diese „eine wichtige Rolle als Stabilitätsfaktoren in der Region“ spielten. Diese Einschätzung werde auch von „den wichtigsten Partnern“ Deutschlands geteilt, was sich daran zeige, dass auch die USA, Großbritannien und Frankreich dorthin „moderne Verteidigungsgüter“ lieferten.

Amnesty International: „Völlig unverantwortlich“

Mathias John ist entsetzt. Der Rüstungsexperte von Amnesty International nennt die Exportgenehmigungen angesichts der Menschenrechtslage in der Region „völlig unverantwortlich“. Es sei „unglaublich, dass die Bundesregierung einfach so weiter macht und sich nicht rechtfertigen muss“, so John im Gespräch mit der NRZ. Jan van Aaken, außenpolitischer Sprecher der Linkspartei, forderte einen sofortigen Stopp der Geschäfte. Es sei der Regierung offenbar „vollkommen egal“, dass „Menschenrechte von den Golf-Despoten mit Füßen getreten werden und die Region ein Krisenherd ist, der jederzeit explodieren kann“.

Entscheidungen über Rüstungsexporte ins krisengeschüttelte Ägypten wurden hingegen vorerst zurückgestellt, so die Bundesregierung.