Berlin. Helmut Kohl hat bestätigt, gegenüber der britischen Ex-Regierungschefin Margaret Thatcher gesagt zu haben, er wolle die Zahl der in Deutschland lebenden Türken halbieren. Der Altkanzler teilte mit, er wolle sich in der aktuellen Debatte nicht mehr äußern. Zuwanderer reagieren gelassen auf den Eklat.
Altbundeskanzler Helmut Kohl (CDU) hat seine 30 Jahre alten Äußerungen zur Ausländerpolitik verteidigt. Seine Aussage, er wolle die Zahl der in Deutschland lebenden Türken halbieren, "war damals auch in Deutschland bereits Teil einer hinreichend und breit geführten Debatte zur Ausländerpolitik", heißt in einer am Freitag von seinem Berliner Büro verbreiteten Erklärung.
"Spiegel Online" hatte zuvor unter Berufung auf britische Geheimprotokolle berichtet, Kohl habe kurz nach seiner Amtsübernahme im Jahr 1982 die Hälfte der in Deutschland lebenden Türken nach Hause schicken wollen. In einem Gespräch mit der britischen Premierministerin Margaret Thatcher habe er gesagt, es sei unmöglich, die Türken in ihrer gegenwärtigen Zahl zu assimilieren.
Kohl will sich in der aktuellen Debatte nicht mehr äußern
Der Erklärung zufolge, die Kohls Büro laut eigener Auskunft nach persönlicher Rücksprache mit dem Altkanzler verfasst hat, ist Kohls damalige Position in dem britischen Papier korrekt wiedergegeben. Ob er auch heute noch zu seiner damaligen Meinung steht, blieb zwar offen. "Herr Bundeskanzler a.D. Dr. Helmut Kohl wird sich in der aktuellen Debatte nicht weiter äußern", erklärte sein Büro. Allerdings hatte Kohl den Ansatz von 1982 in seiner Politik später ohnehin nicht weiter verfolgt.
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Zuwanderer reagierten auf die Enthüllungen gelassen. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sagte der "Berliner Zeitung" (Samstag): "Heute kann sich die politische Klasse so etwas nicht mehr leisten. Das ist ein Fortschritt." Der türkischstämmige Bundestagsabgeordnete Memet Kilic (Grüne) erklärte: "Die Enthüllung von Helmut Kohls Gedanken mag neu sein, jedoch sind diese Gedanken seit Jahrzehnten die Linie der Unionsparteien." (dpa)