Düsseldorf/Essen. Mehr als jeder zweite Studiengang an NRW-Hochschulen ist im Wintersemester 2013/14 mit einem Numerus Clausus (NC) zulassungsbeschränkt. Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) zeigt in einer bisher unveröffentlichten Statistik, dass für 54,1 Prozent der 1923 Studienfächer ein NC gilt.
Nach sorglosen Sommerferien steht vielen Abiturienten derzeit nicht der Sinn. Sie haben sich auf einen Studienplatz beworben und hoffen, dass sie in ihrem Wunschfach einen Platz ergattern – wie Simone L. aus Mülheim. Sie will Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Niederrhein in Mönchengladbach studieren. Mehr als 2000 Bewerbungen registrierte die Hochschule für 100 freie Plätze, verlangt wird ein Notenschnitt von 2,2. „Ich stehe auf derzeit auf Platz 500“, sagt die 19-Jährige, und das, obwohl ihr Abischnitt exakt 2,2 beträgt.
„Die Unsicherheit unter den Bewerbern ist wegen des doppelten Abiturjahrgangs besonders groß“, weiß Ludger Lampen, Studienberater an der Ruhr-Universität Bochum. Denn die Zahl der Abiturienten explodierte in diesem Sommer um 45.000, die Hochschulen registrieren bereits steigende Bewerberzahlen und rechnen im Herbst mit 123.000 Studienbeginnern.
Nicht nur Einser-Kandidaten
Die Hochschulen filtern diese Ansturm mit Hilfe von Zulassungsbeschränkungen: Mehr als jeder zweite Studiengang in NRW ist im Wintersemester 2013/14 mit einem Numerus clausus (NC) belegt. Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) zeigte in einer bisher unveröffentlichten Statistik, dass für 54,1 Prozent der 1923 Studienfächer ein Noten-NC gilt. Sie wies allerdings darauf hin, dass nicht nur „Einserkandidaten eine Chance haben“. Der CDU-Hochschulexperte Stefan Berger fürchtet hingegen, dass „viele tausend Abiturienten vom Studium in ihrem Wunschfach abgehalten werden, weil für den doppelten Abiturjahrgang nicht ausreichend Vorsorge getroffen wurde“.
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In der Antwort auf eine Anfrage Bergers teilte Schulze mit, dass „nach derzeitigem Kenntnisstand“ 1041 der 1923 Studiengänge der Erstausbildung an Universitäten und Fachhochschulen mit einem NC belegt sind. Die Lage in der Region sieht aber unterschiedlich aus:
Die Lage an den Hochschulen:
An der Uni Bonn sind 85 von 109 Studiengängen mit einem NC belegt, das entspricht einer Quote von 78 Prozent. An der Uni Aachen sind 61 von 81 Studiengängen zulassungsbeschränkt, das sind 75,3 Prozent. Ähnlich sieht es an den Unis Duisburg-Essen (72%) und Köln (71,3%) aus. Etwas besser ist die Lage an der Ruhr-Uni Bochum, wo 54 von 84 Studiengängen mit einem NC belegt (64%). Entspannter ist die Situation in Paderborn (40,2%), Münster (57% ) und an der TU Dortmund, wo nur 31 von 135 Studiengängen einen Orts-NC haben, das sind 23 Prozent.
„Nicht abschrecken lassen“
Ministerin Schulze hatte stets betont, „dass nahezu jeder in Nordrhein-Westfalen einen Platz kriegen wird. Allerdings nicht immer am Wunschort im Wunschfach“. Neben klassischen NC-Fächern wie Medizin, Pharmazie und Rechtswissenschaften sind zunehmend auch Lehramts-Studienfächer mit einem Noten-NC beschränkt. Trotz des wachsenden Bedarfs an Ingenieuren müssen auch Maschinenbau- und Informatik-Studienbewerber nicht nur an der Uni Bochum einen guten Abiturschnitt vorweisen. In Bonn unterliegt sogar das Fach Altamerikanistik einem NC. Auch „Exotenfächer“ wie Tibetologie oder das Fach Mode-Textil-Design sind beschränkt.
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Im Sommersemester 2013 waren 56,8 Prozent der Fächer zulassungsbeschränkt. Im Wintersemester 2012/13 betrug die Quote an den NRW-Universitäten 47,4 Prozent. In der Antwort stellte Ministerin Schulze aber klar, dass sich im laufenden Verfahren bis zum Studienbeginn im Herbst noch Veränderungen ergeben können. Nach Erfahrungen der letzten Jahren verringert sich die Zahl der NC-Studienfächer bis zum Wintersemester, weil Mehrfach-Bewerber einen anderen Platz erhalten haben.
Nicht nur Einser-Schnitt gefragt
Doch NC heißt nicht immer Einser-Schnitt. Am Ende des Bewerbungsverfahrens sackt die Note oft ab, da viele Interessenten abgesprungen sind und Plätze frei werden. So kann es passieren, erklärt Studienberater Lampen, dass etwa in Geowissenschaften zunächst ein NC von 1,3 angesetzt ist, doch zum Schluss Abiturienten mit einem Schnitt von 3,7 noch zum Zuge kamen. Das passiert in zahlreichen Fächern.
Lampen: „Mit einer Abinote von 2,5 hat man eine sehr gute Auswahl an Studiengängen.“ Vielleicht nicht in seinem Lieblingsfach, „aber das ist ja auch keine Entscheidung fürs Leben. Man kann ja noch mal wechseln.“ Also rät Lampen den studierwilligen Abiturienten: „Lasst euch nicht abschrecken!“