Düsseldorf.. Das Baden im mit PFT verseuchten Lambertus-See in Düsseldorf-Kaiserswerth wird verboten. Vertreter der Stadt Düsseldorf stellten am Donnerstag entsprechende Pläne vor. Auf den Schildern fehlt allerdings der Hinweis auf die Chemikalie PFT. Die Stadt lehnt weiterhin Bluttests bei Stammgästen ab.
Sechs Jahre nach den ersten alarmierenden Giftmessungen will die Stadt Düsseldorf an Ort und Stelle vor dem Baden im PFT-verseuchten Lambertus-See warnen. Kollektive Blutuntersuchungen bei potenziell vergifteten Menschen, die darin seit Jahrzehnten schwimmen, lehnt sie aber ab.
„Das macht keinen Sinn“, sagt der für Gesundheit zuständige Beigeordnete. Für Betroffene ein Keulenschlag: „Ungeheuerlich“, sagte gestern ein leidenschaftlicher Seeschwimmer. „Die wollen die Wahrheit vielleicht nicht wissen. Ich aber.“
Zwei Stunden zuvor hielten Stadtspitzen ein Schild vor die Kameras der versammelten Presse. „Baden u.a. aus Gründen des Gesundheitsschutzes verboten“ stand darauf. Ein Dummy, gut fürs Foto, nichts amtliches.
Was kein Offizieller merkte: Die drei magischen Buchstaben fehlten auf dem Schild. PFT – das Kürzel für Perfluorierte Tenside, die dringend krebsverdächtige, fortpflanzungsgefährdende Chemikalie, um die es geht.
„Das Gift breitet sich weiter aus“
Es ist das Gift, das schon jetzt 8,5 Quadratkilometer im Düsseldorfer Norden verseucht: das Grundwasser, die Kaiserswerther Seen, ungezählte private Gartenbrunnen. „Es breitet sich weiter aus“, sagt Inge Bantz vom Umweltamt. „Ich appelliere an alle, nicht im Lambertus-See zu schwimmen“, sagt Umweltdezernentin Helga Stulgies. Dann schaut auf das Schild und räuspert sich. „Wir werden noch eins machen, wo PFT draufsteht...“
Der Lapsus blieb nicht das einzige Rätsel bei dieser Veranstaltung im Rathaus. Auch der Beigeordnete Andreas Meyer-Falcke überraschte. Bluttests bei potenziell PFT-belasteten Schwimmern brächten nichts, sagte der Professor – und wischte das Unit Risk-Verfahren vom Tisch, eine weltweit angewandte wissenschaftliche Untersuchungsmethode. Die amerikanische Umweltbehörde EPA hat sie entwickelt.
Auf der Basis einer Blutprobe beurteilt das Verfahren gesundheitliche Risiken: punktgenau, für jede Substanz, auch für PFT. Für Meyer-Flacke hat die Höhe der Giftkonzentration im Blut keine Aussagekraft. „Es nützt uns nichts, dieser Wert.“ Für PFT-Belastete gebe es ohnehin keine Therapie. „Wir würden die Bevölkerung nur verrückt machen.“
Genau diese Einstellung macht einen jungen Familienvater aus Kaiserswerth verrückt. „Hier ist doch der Präzedenzfall“, sagt er und fragt: „Warum nutzen sie ihn nicht?“ Der Mann wäre ein passabler Proband. Er schwimmt seit fast 25 Jahren im Lambertus-See – jeden Tag, ab zehn Grad Wassertemperatur bei jedem Wetter. Untersuchungsergebnisse, die dieser Zeitung vorliegen, dokumentieren: Spätestens seit 2008 ist der See mit PFT verseucht. Das schließt nicht aus, dass Allwetterschwimmer schon Jahre oder Jahrzehnte vorher ins Gift eintauchten. Den Flughafen Düsseldorf, potenzieller Hauptverursacher der Verseuchung, gibt es seit 1927. Und mit stark PFT-haltigem Schaum löschten Airport-Feuerwehren über Jahrzehnte, auch in Lohausen.
„Der PFT-Wert meiner Tochter liegt mir am Herzen“
Der junge Kaiserswerther ist ratlos. „Wenn man Untersuchungen ablehnt, die auch ein positives Ergebnis haben könnten, liegt es nahe, dass ein negatives erwartet wird“, sagt er. Sofort würde er einen Bluttest machen. „Mir würde mein PFT-Wert sehr viel geben. Und auch der meiner kleinen Tochter liegt mir sehr am Herzen.“
Die Stadt will verstärkt auf ihren Internetseiten über das Giftproblem informieren, „ab sofort gut sichtbar und ausführlich“. Nicht so versteckt wie auf „schwer sichtbaren Hinweisschildern“, die sie am Lambertus-See postiert haben will. „Da stand zwar auch nicht PFT drauf“, sagt die Beigeordnete Stulgies, aber „irgendwo“, vielleicht hinter Sträuchern, soll es sie geben. Langjährige Badegsäte lachen darüber: „Niemand hat hier irgendwann ein Schild gesehen.“
Nächste Woche können Betroffene ihr Wort machen. Dann will die Stadt über die PFT-Verseuchung informieren, in der Grundschule Kaiserswerth. Rund 250 Leute passen hinein. „Wir rechnen mit großem Interesse“, sagt die Stadt.