Düsseldorf/Duisburg. Die PFT-Verseuchung des Düsseldorfer Grundwassers ist eine Gefahr für das Trinkwasser der Nachbarstadt Duisburg. Der Brunnen Kaiserswerth, dessen Wasser rund ein Viertel des Duisburger ­Südens versorgt, ist bereits seit Jahren mit der als krebserregend geltenden Chemikalie belastet. Das belegen Untersuchungsergebnisse, die der WAZ vorliegen.

Die PFT-Verseuchung des Düsseldorfer Grundwassers bedroht das Trinkwasser der Nachbarstadt Duisburg. Der Brunnen Kaiserswerth, dessen Wasser rund ein Viertel des Duisburger Südens versorgt, ist bereits seit Jahren mit der als krebserregend geltenden Chemikalie belastet. Das belegen Untersuchungsergebnisse, die der WAZ vorliegen. Danach wird das gifthaltige Wasser seit 2008 regelmäßig mit Wasser aus drei unbelasteten Brunnen gemischt. Nach Verdünnung und Aufbereitung fließt es aus dem Hahn. Abnehmer des Gemisches sind rund 255 000 Menschen in Duisburg.

„Durch die Mischung“ mit anderem Wasser sei „eine Gefährdung beim Trinkwassergebrauch“ derzeit „nicht gegeben“, sagt die Stadt Düsseldorf offiziell. Rund 3,8 Millionen Kubikmeter PFT-belasteten Trinkwassers entnehmen die Stadtwerke Duisburg jährlich dem Brunnen in Kaiserswerth. Intern laufen Überlegungen, die Quelle vorübergehend vom Netz zu nehmen. Dies sei „eine Option“, hieß es gestern aus Kreisen des Umweltministeriums und der Stadt Düsseldorf. Die Behörden wissen: Die Welle mit den größten PFT-Verseuchungen rollt erst noch auf den Brunnen zu. Sie spült extreme Giftbelastungen heran, die das Trinkwasser zwangsläufig beeinträchtigen müssten.

Das größte Übel rollt erst noch heran

Die Landesregierung ist zunehmend beunruhigt. NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) erhöhte gestern den Druck auf den Düsseldorfer Flughafen. „Ich erwarte eine offensivere Rolle“, sagte Remmel und forderte die Airport-Spitze auf, „sich der Verantwortung zu stellen“. PFT-haltige Löschschäume der Flughafen-Feuerwehr sollen die 8,5 Quadratkilometer breite Verseuchung maßgeblich verursacht haben. Vier potenzielle Giftquellen auf dem Airport-Gelände sind lokalisiert. „Es ist nicht zu verantworten, erst auf eine rechtliche Inanspruchnahme durch die Stadt zu warten“, so Remmel.

Das größte Übel der Giftwelle, die mit extremen Verseuchungen fünf Meter unter der Grasnarbe naht, steht dem Düsseldorfer Norden erst noch bevor. Den Menschen in den Wohngebieten von Kaiserswerth, Kalkum und Lohausen. Dem Lambertus-See, dem Suitbertus-See, dem Fliedner-See und dem Spee-See in Kaiserswerth. Vor allem aber jener Zapfstelle, der die Duisburger Stadtwerke 22 Prozent des Wassers entnehmen, von dem eine Viertelmillion Duisburger trinkt: der Förderanlage in Kaiserswerth.

Ein Krisentreffen nach dem anderen

Seit ein WAZ-Bericht am Samstag das tatsächliche Ausmaß des PFT-Problems in Düsseldorf offenlegte, jagt eine Krisenrunde die nächste. Die Rufe nach einschneidenden Maßnahmen werden lauter. „Den Brunnen Kaiserswerth vorübergehend vom Netz zu nehmen, das wäre ein guter Schlachtplan“, sagte bereits am Wochenende ein hochrangiges Mitglied einer Umweltbehörde. „Man muss das überlegen.“

Es ist keine Einzelmeinung. Experten sind sich einig: Die immer breitere PFT-Front, deren Giftzentrum noch unter der B 8n liegt und die – von Südost nach Nordwest – erst die Seen, später die Siedlungen durchströmt – sie kann unmöglich als Trinkwasser-Quelle dienen. Die nachgewiesene Giftspitze von 57 000 Nanogramm PFT pro Liter Wasser erschreckt nicht nur NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne), der solch „extreme Werte“ nicht kannte. Sie stellt auch die Trinkwasseraufbereitung vor kaum lösbare Probleme.

Quelle lieber kappen

„So viel sauberes Wasser kann man gar nicht beschaffen, was man da untermischen müsste“, sagte gestern ein ausgewiesener Fachmann, der die Grenzen der Aufbereitung kennt. Duisburg verfüge eben nicht über das Mülheimer Verfahren, das als Primus in der Branche gilt. Auch nicht über eine ähnlich hochwertige Aufbereitung, wie sie in Düsseldorf laufe.

Ehe die Kaiserswerther Quelle mit dramatischen PFT-Konzentrationen volllaufe, solle sie gekappt werden – „als kalkulierter Teil eines Sanierungsplans“. Das schaffe „die nötige Luft für Sanierungsmaßnahmen“, heißt es. Das fehlende Wasser könnten die Stadtwerke Duisburg aus dem Rhein ziehen, dessen Uferfiltrat ohnehin im Duisburger Trinkwasser vertreten ist.

Remmel macht Druck

Remmel verschärft den Ton und drückt bei der Sanierung aufs Tempo. „Hier muss dringend gegengesteuert werden“, sagte der Minister gestern. Eine unkontrollierte Ausbreitung der PFT-Verseuchung, die sich aktuell über 8,5 Quadratkilometer erstreckt, sei „nicht hinnehmbar“. Die Landesregierung pumpe bereits Geld in „die Entwicklung einer geeigneten Sanierungstechnik“, die derzeit erprobt werde. Jetzt gehe es darum, die Verursacher der Verseuchung „möglich schnell“ zur Kasse zu bitten. Der Flughafen müsse weitere Gifteinträge in Boden und Grundwasser „zügig unterbinden“. Und die verursachten Schäden beseitigen.

„Ein extremes Gefahrenpotenzial für die Wasserversorgung“ erkennt der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) durch die PFT-Belastung im Düsseldorfer Norden. Dies sei „ein Skandal, den die Chemie-Industrie zu verantworten hat“, sagt ein Sprecher. „Dass im Falle Düsseldorf immer noch mit der Sanierung gezögert wird“, sei „mehr als bedauerlich“.

Unterdessen lässt die Stadt Düsseldorf das öffentliche Baden in dem PFT-verseuchten Lambertus-See in Kaiserswerth ungehindert weiterlaufen. Auf wiederholte Nachfrage der WAZ gab es keine Stellungnahme. Am Wochenende suchten Hunderte in dem Gewässer Abkühlung. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) warnt: Kinder sollten nicht in das belastete Wasser gehen, auch Erwachsenen sei „von langen Aufenthalten abzuraten“.

Die Risiken durchs Schwimmen im PFT-verseuchten Wasser des Lambertus-See seien „schwer einzuschätzen“. „Eine unmittelbare Gefahr gibt es sicher nicht, aber wohlfühlen würde ich mich in dem Wasser auch nicht mehr“, sagt der Sprecher. Die Giftmengen im See lagen 20- bis 35-fach über den Grenzwerten der langfristigen Trinkwasservorsorge.