Bad Salzuflen. . Landesparteitag der Union empfängt Angela Merkel 78 Tage vor der Bundestagswahl mit minutenlangen Ovationen. Die Bundeskanzlerin warnt indes vor verfrühter Siegeszuversicht: Die Frage, wie NRW abschneide, sei ein Schlüssel für die Bundestagswahl. Landeschef Armin Laschet sagte vor 650 Delegierten: „Die SPD wäre froh, wenn sie ein Kanzlerwahlverein wäre.“

Merkel, Merkel, Merkel – 78 Tage vor der Bundestagswahl verdichtet die NRW-CDU ihr Programm auf die Rolle als Wahlverein der Kanzlerin. Der CDU-Landesparteitag in Bad Salzuflen empfängt Angela Merkel mit minutenlangen Ovationen. Die beweist pralle Selbstgewissheit und gewährt erste Einblicke in ihr nächstes Regierungsprogramm: Den SPD-Herausforderer Peer Steinbrück erwähnt die umfragenverwöhnte CDU-Vorsitzende mit keinem Wort. Er spricht zeitgleich in Bochum. Ein Fernduell mit ungleichen Waffen.

Keine Leihstimmen für die FDP

Landeschef Armin Laschet hat die 650 Delegierten in Ostwestfalen flapsig auf die Vorsitzende eingestimmt. „Die SPD wäre froh, wenn sie ein Kanzlerwahlverein wäre.“ Während die Sozialdemokraten ihren Kandidaten verstecken müssten, brauche sich die CDU für die beliebteste Politikerin nicht zu schämen, kontert Laschet den Vorwurf, dass die Union profillos hinter der Ikone Merkel verschwinde.

Merkel warnt die eigene Partei aber vor verfrühter Siegeszuversicht. „Die Frage, wie NRW am 22. September abschneidet, ist ein Schlüssel für die Bundestagswahl.“ Der Parteichefin weiß, dass die angeschlagene Union in NRW mit 35 Prozent um fünf Punkte hinter dem Bundestrend dümpelt. Die CDU-Chefin stilisiert die Bundestagswahl zur Richtungsentscheidung und fordert eine offensive Wählerwerbung in NRW. Als mahnendes Beispiel für knappe Wahlpleiten dient der Gast David McAllister. Dem damaligen Ministerpräsidenten in Hannover fehlten 320 Stimmen zur Wiederwahl.

Mobilisierung der Wahlmüden

Die CDU-Chefin setzt auf Mobilisierung der Wahlmüden. Das Merkelsche Mantra der Zuspitzung: Blockadepolitik von Rot-Grün gegen Industriepolitik der schwarz-gelben Koalition. „Arbeit für alle wird das zentrale Ziel der nächsten Legislaturperiode“, gibt Merkel den Kurs vor. Das Rezept der Kanzlerin: „Hände weg von Steuererhöhungen. Das ist Gift für Deutschland.“

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In ihrer knapp einstündigen Rede zieht Merkel eine zufriedene Bilanz der schwarz-gelben Regierungszeit. „Es läuft nicht immer zu 100 Prozent super, aber immer in die richtige Richtung“, lobt sich die Kanzlerin selbst. In der nächsten Legislatur will sie die volle Mütterrente auch für Kinder der Jahrgänge vor 1992 einführen. Dass die Union in einer neuen Bundesregierung mit der FDP dafür noch viel Überzeugungsarbeit leisten müsste, beunruhigt Merkel nicht. „Wir werden das durchsetzen.“ Beim Reizthema Mindestlohn zieht der „Boss“, wie sie der EU-Abgeordnete Elmar Brok später nennen wird, eine regionale Tariflösung einer gesetzlichen Regelung vor.

Keine Flügeldebatten

Die Delegierten feiern ihre Kanzlerin. Vorbei die Zeiten, als sich die aufmüpfige NRW-CDU in der Ära Rüttgers gegen Berlin profilierte. Die bei der Landtagswahl kräftig abgestrafte Oppositionspartei braucht den Glanz der Chefin. Antrags- und Flügeldebatten passen deshalb nicht in die Zeit. Eine Aussprache findet mangels Rednern nicht statt. Die CDU weiß, dass die Wähler Geschlossenheit schätzen.

Auch die Frage, wer mit wem nach dem 22. September koalieren könnte, ist offiziell kein Thema. Nur so viel: Laschet lehnt eine Leihstimmenkampagne für die FDP ab. Der Parteitag beschließt einen Initiativantrag, in dem die CDU Impulse für ein Aufsteigerland NRW fordert. Schwerpunkt: NRW muss Industrieland bleiben. Außerdem hält die Landespartei am Bonn-Berlin-Gesetz fest und lehnt Steuererhöhungen ab.

Da hat sich ein Teil der Delegierten aber längst auf den Heimweg gemacht. In Wimbledon lockt das Damen-Finale von Sabine Lisicki. Dass die als Favoritin ins Spiel ging und verlor, darin wollen CDU-Obere aber kein schlechtes Omen sehen.