Washington/Huntsville. Eine 52-jährige verurteilte Mörderin ist am Mittwochabend in Texas hingerichtet worden. Es war die 500. Exekution in dem Bundesstaat seit Wiedereinführung der Todesstrafe in den USA im Jahr 1976 - damit ist Texas mit großem Abstand der US-Bundesstaat mit den meisten Exekutionen. Zuletzt war in den USA 2010 eine Frau hingerichtet worden.
„Das ist keine Niederlage, das ist ein Sieg. Ihr wisst, wohin ich gehe. Ich gehe heim zu Jesus. Ich liebe euch alle.“ Als Kimberley McCarthy am Mittwochabend ihre letzten Worte im Staatsgefängnis von Huntsville sprach, sahen nicht nur ihr Ex-Gatte, ihr Anwalt und ihr Priester zu. Ganz Amerika wurde via Fernseh-Nachrichten und Internet binnen weniger Minuten Zeuge eines zweifelhaften Rekords. Seit Wiedereinführung der Todesstrafe 1976 starben 1337 Menschen in Amerika durch die Giftspritze, darunter nur 13 Frauen. Die 52-Jährige war der 500. Todeskandidat - allein in Texas, wo der Staat seit 1982 wieder legal töten darf. Der „Lone Star State“ im Süden führt die Liste der exekutionsfreudigsten Bundesstaaten mit weitem Abstand an. Gouverneur Rick Perry, 2012 vorübergehend Präsidentschaftskandidat der Republikaner, hat seit Amtsantritt im Jahr 2000 rund 260 Todesurteile unterzeichnet. Im Schnitt alle drei Wochen wird eins davon vollstreckt.
Kimberly McCarthy war zum Tode verurteilt worden, weil sie vor 16 Jahren ihre damals 71-jährige Nachbarin Dorothy Booth heimtückisch überfallen und ermordet hatte. Unter dem Vorwand, sich ein bisschen Zucker zu borgen, verschaffte sich die damals schwer Crack-abhängige McCarthy Zutritt zur Wohnung ihres Opfers. Sie erstach die pensionierte Professorin, schnitt ihr einen Finger samt Ring ab, stahl ihr Auto und ihre Kreditkarten, machte das Schmuckstück in Dallas zu Geld und beschaffte sich so weiteren Drogen-Nachschub. McCarthy wurde vor ihrer Verurteilung noch mit zwei weiteren Morden in Verbindung gebracht, ebenfalls ältere Damen, gerichtsfeste Beweise konnten jedoch nie beigebracht werden.
Der 26. Juni, 18 Uhr Ortszeit, war für die Afro-Amerikanerin bereits der dritte Exekutionstermin. Zweimal zuvor gewährten Gerichte befristeten Aufschub. Hintergrund: In der 13-köpfigen Jury, die über sie die Maximalstrafe verhängte, war kein einziger Schwarzer. McCarthys Anwältin Maurie Levin machte rassistische Motive der von Weißen dominierten Geschworenen geltend. Am Ende wurde der Einwand letztgültig abgewiesen. Und die Dinge in Huntsville nahmen ihre gewohnten Lauf.
Huntsville ist Amerikas Hinrichtungshauptstadt
Die 35.000 Einwohner zählende Kleinstadt 120 Kilometer nördlich von Houston ist Amerikas Hinrichtungshauptstadt. Nirgendwo sonst in den Vereinigten Staaten werden mehr Menschen zum Tode befördert als hier, wo in umliegenden Gefängnissen knapp 10.000 Häftlinge einsitzen. Bis 1924 wurden der Strick benutzt. Später kam „Old Sparky“ zum Einsatz, der elektrische Stuhl, der noch heute im gut besuchten Gefängnis-Museum von Touristen besichtigt werden kann. Seit 1976, dem Jahr der Wiedereinführung der Todesstrafe in den USA, werden die finalen Urteile ausnahmslos mit Hilfe von Injektionen (meist Pentobarbital) vollstreckt. Immer dann, bevor in der Hinrichtungskammer hinter den roten Backsteinmauern von „The Walls“ ein Mensch durch Staates Hand stirbt, halten draußen vor den Wachtürmen Gegner der Todesstrafe ihre Plakate in den Himmel. „Du sollst nicht töten“, war am Mittwochabend darauf in Anlehnung an die Bibel zu lesen.
Ein Appell, der in Texas absehbar ungehört bleiben wird. 280 verurteilte Mörder sitzen dort auf „death row“, sprich: in einem Gefängnis-Todestrakt. Allein für die kommenden Wochen sind bereits sieben weitere Hinrichtungen mit festen Terminen angesetzt. Zahlen, die dem landesweiten Trend entgegenstehen. Mit Maryland, nahe der Hauptstadt Washington, hatte erst im Frühjahr der 18. Bundesstaat die Todesstrafe abgeschafft. In den 32 Gliedstaaten, wo das „capital punishment“ weiter gilt, wird es zunehmend zögerlicher angewendet. Rund 40 Hinrichtungen pro Jahr verzeichneten Menschenrechts-Organisationen zuletzt landesweit, zehn Jahre zuvor waren es noch doppelt so viele. Parallel dazu geht die Zahl der maximalen Verurteilungen drastisch zurück; von über 300 im Jahr 1995 auf zuletzt unter 80.
Internationale Proteste prangern Amerikas unmenschlichstes Justiz-Instrument an
Die Gründe dafür sind vielschichtig: Ungerechtfertigt Verurteilte, deren Unschuld erst durch den genetischen Fingerabdruck bewiesen wurde, immer lauter werdende internationale Proteste, die Amerikas unmenschlichstes Justiz-Instrument anprangern, immer aufwändiger werdende Berufungsverfahren und Urteilsrevisionen, die den Justiz-Apparat zunehmend lahmlegen und letztlich die riesigen Kosten fallen Experten als erstes ein.
Ein Todesurteil, die Zahlen hat das Justizministerium in Washington inoffiziell bestätigt, kostet drei Mal so viel wie lebenslange Haft. Leicht kommen so Millionensummen zustande - pro Person. All das macht die Todesstrafe allgemein immer unpopulärer. Allein in Texas hält die Justiz weiter Kurs. Kimberley McCarthy wird schon bald vergessen sein. Das 501. Opfer der Todesstrafe ist nur noch wenige Wochen am Leben.