Berlin.. Die Familie von US-Präsident Obama erwartet in Berlin ein Crash-Kurs in deutscher Geschichte. Kanzlergatte Joachim Sauer führt Michelle, Malia und Sasha unter anderem zur Mauer-Gedenkstätte. Extra abgeriegelt werden muss dabei kaum: Das Zentrum der Hauptstadt ist eine große Sperrzone.
Drei Amerikanerinnen in Berlin: Michelle Obama schickt ihre Töchter Sasha (12) und Malia (14) bei ihrem ersten offiziellen Besuch durch einen vierstündigen Crash-Kurs in deutscher Geschichte – Holocaust, Mauerbau, Wiedervereinigung. Während Barack Obama mit Angela Merkel und Joachim Gauck redet, geht die First Lady mit den Teenagern auf Stadtrundfahrt. Eine Bildungsreise durchs Sperrgebiet: Berlin ist im Ausnahmezustand, ganze Viertel sind abgeriegelt. Dienstag und Mittwoch ist der US-Präsident samt Familie auf Berlin-Besuch.
Rund um das „Ritz Carlton“ am Potsdamer Platz müssen die Geschäfte zwei Tage lang schließen. Hier, wo Berlin am amerikanischsten aussieht, hatten sich die Verkäufer der Boutique im Erdgeschoss des Luxushotels schon auf die modebewussten Obamas gefreut. „Das wäre cool gewesen.“ Doch zum Shoppen ist keine Zeit, und überhaupt sieht es nicht so aus, als hätte hier irgendjemand die Nerven für spontane Lustkäufe von Teenagern.
Obama in Berlin - Mehr Sicherheit als beim Papstbesuch
Sicherheitsstufe 1 plus, mehr als beim Papst. Verplombte Gullydeckel, gesperrte Straßen und verwaiste U-Bahnhöfe, Anwohner, die ihre Fenster nicht öffnen dürfen. Kein Flugverkehr, wenn die Präsidentenmaschine „Air Force One“ landet, kein Schiffsverkehr, solange die Gäste in der Stadt sind.
Gut 24 Stunden dauert die Visite - von Dienstagabend bis Mittwochnacht. Die Obamas schlafen in der 5000-Euro-Suite im elften Stock, in einer Art Hotel im Hotel. Ein Hochsicherheitsbereich – abgeschirmt von den anderen Gästen. „Der übrige Hotelbetrieb läuft normal weiter“, sagt eine Sprecherin. Vor fünf Jahren, als Obama als Wahlkämpfer nach Berlin kam, hatte er noch im „Adlon“ gewohnt, aber das „Ritz“ mal kurz besucht – fürs Fitnesstraining. „Unser Wellnessbereich ist kleiner und intimer“, heißt es, „das hat ihm wohl besser gefallen.“ Hinzu kommt: Das Ritz ist das einzige der drei Berliner Hochsicherheitshotels in amerikanischer Hand.
Die Obamas allein im Holocaust-Mahnmal
Nur wenige Schritte entfernt liegt das Mahnmal für die ermordeten Juden Europas. Während Barack Obama am Mittwochmorgen Bundespräsident Gauck und später Kanzlerin Merkel trifft, haben Michelle Obama und ihre beiden Töchter das Stelenfeld für sich allein. Kein Tourist weit und breit – das Mahnmal liegt im abgeriegelten Sicherheitsbereich rund um das Brandenburger Tor. 25 Minuten sind für den Besuch eingeplant – gerade genug Zeit, um sich von der Gedenkstätte berühren zu lassen. Dann wartet schon Joachim Sauer, Merkels Ehemann.
Oft macht er das nicht, dieses „Damenprogramm“, das schon wegen Sauer offiziell „Partnerprogramm“ heißt. Doch in diesem Fall kann Sauer, der ostdeutsche Chemieprofessor, seinen Gästen selbst als Zeitzeuge dienen. Im überlebensgroßen Mauerpanorama am Checkpoint Charlie können die drei Amerikanerinnen einen fiktiven Herbsttag in den 80er Jahren im geteilten Berlin erleben. Später, an der Gedenkstätte Berliner Mauer begleitet Sauer Obamas Familie zu den Relikten des ehemaligen Todesstreifens. Eine ganze Stunde Zeit haben sie hier – und die Gedenkstätte feilt noch am Programm: Wie viel Wissen darf man bei amerikanischen Teenagern voraussetzen? „Es soll ja nicht zu abstrakt werden“, sagt eine Sprecherin. Besser, man redet ausführlich über die Schicksale der Opfer.
4000 geladene Gäste vor dem Brandenburger Tor
Und nun? Schnell noch auf die Reichstagskuppel mit Blick auf die wiedervereinigte Stadt, dann ist die Geschichtsstunde zu Ende. Frisch machen, umziehen. Gegen 15 Uhr gibt es das erste offizielle Bild mit allen vier Obamas – vor der Rede vor 4000 geladenen Gästen am Brandenburger Tor. Normale Bürger bleiben ausgesperrt.
Dass Obama seine Familie mitbringt, ist nicht nur ein Signal an die Gastgeber, sondern soll auch zu Hause in den USA Wirkung zeigen: „Michelle Obama hat noch immer eine unglaubliche Medienwirkung. Sie ist das ganz große Plus dieser Reise“, sagt US-Experte Harald Wenzel von der Freien Universität Berlin. „Sie ist eine Ikone – wenn sie dabei ist, schauen gleich viel mehr Leute hin.“
Am Abend laden Angela Merkel und Joachim Sauer zum Festessen in die Orangerie des Charlottenburger Schlosses. Die Gästeliste ist das am besten gehütete Geheimnis des Besuchs. Bekannt ist bislang nur der Mann am Herd: Starkoch Tim Raue.