Düsseldorf. . Ein internes Papier aus NRW-Wissenschaftsministerium zeigt: Die rot-grüne Landesregierung will die Eigenständigkeit der Hochschulen beschneiden. Der Hebel dazu sind „Rahmenvorgaben“ aus dem Ministerium. Widerstand kommt nicht nur von den Hochschulen, auch die Opposition wendet sich gegen die Pläne.

Das Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes zeichnet zwar regelmäßig Erfindungen „made in NRW“ aus, ist aber selbst als Patentsucher bislang nicht auffällig geworden. Das könnte sich bald ändern, denn die Bürokratie von Ministerin Svenja Schulze (SPD) hat intern ein „neues Steuerungsinstrument“ ersonnen, mit dem die 30 Unis und Fachhochschulen im Land wieder stärker unter die Fittiche genommen werden sollen. Damit gewinnt der Streit um das rot-grüne „Hochschulzukunftsgesetz“, das die weitgehende Freiheit des Wissenschaftsbetriebs beschneiden soll, an Schärfe.

In einem zwölfseitigen Vermerk, der dieser Zeitung vorliegt, führen Schulzes Juristen aus, dass man mit so genannten Rahmenvorgaben, die weder Gesetz noch Verwaltungsvorschrift sind, am effektivsten „in den ehemals staatlichen Bereichen der Haushalts- und Wirtschaftsangelegenheiten sowie der Personalverwaltung“ eingreifen könne.

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Die Opposition ist empört

„Mit Rahmenvorgaben wird zwar der Autonomiebereich der Hochschulen maßvoll eingeschränkt. In diesen Autonomiebereich wird aber keineswegs unzulässig eingegriffen“, heißt es in dem Papier. Vielmehr werde das „Demokratieprinzip optimiert“. Die Steuerung der Hochschulen mittels Gesetzen und Rechtsverordnungen sei dagegen „ungleich förmlich aufwändiger und zeitraubender“.

Die Opposition ist empört. Schulze versuche, den Hochschulen auf „untergesetzlichem Wege“ ihren Willen aufzuzwingen, sagt CDU-Wissenschaftspolitiker Stefan Berger. Das Parlament dürfe sich nicht entmachten lassen, nur weil die Landesregierung wieder von oben herab vorschreiben wolle, „was gelehrt werden soll und worüber zu forschen ist“, so Berger.

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In den Hochschulen ist die Stimmung ohnehin am Boden, seit Schulze angekündigt hat, das von der schwarz-gelben Vorgängerregierung 2006 verabschiedete „Hochschulfreiheitsgesetz“ in Teilen wieder zurücknehmen zu wollen. Es herrsche „eine Mischung aus Skepsis, Misstrauen und Verunsicherung“, heißt es im Rektorat einer großen NRW-Uni. Die Landesrektorenkonferenz und die Arbeitsgemeinschaft der Fachhochschul-Kanzler machen auch offiziell keinen Hehl daraus, dass sie keinen Reformbedarf sehen.

„Blindflug beenden“

Rot-Grün dagegen glaubt, einen „Blindflug bei der Mittelverwendung“ beenden zu müssen. Das Konstrukt des früheren Wissenschaftsministers Andreas Pinkwart (FDP), Unis unternehmerisch verwalten zu lassen und den Wissenschaftsbetrieb vor dem Zugriff der Ministerialbürokratie zu bewahren, ist vielen bei SPD und Grünen ein Graus. Da jährlich mehr als vier Milliarden Euro Steuergeld an die Hochschulen fließen, müsse die Landesregierung mehr „Steuerungsverantwortung“ wahrnehmen, so Schulzes Lesart.

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Kritik am Instrument der Rahmenvorgabe weist ein Ministeriumssprecher zurück: „Wir werden dem Landtag in jedem Fall wieder mehr Einfluss geben.“ Die neuen Steuerungsideen will das Ministerium noch vor dem Sommer mit den Hochschulen diskutieren. Im Spätherbst soll der erste Referentenentwurf zu Schulzes „Hochschulzukunftsgesetz“ formuliert werden. Das Ende der weitgehenden Wissenschaftsautonomie in NRW ist zum Wintersemester 2014/15 geplant.