Düsseldorf. . 20 Jahre nach dem Anschlag von Solingen setzt die Landespolitik ein Zeichen der Versöhnung. Das Ehepaar Genc, das damals fünf Angehörige verlor, kam zur Gedenkstunde in den Landtag. Hass auf Deutschland ist beiden fremd.

Solingen sei ihre Heimat wie die Türkei, hat Mevlüde Genc kürzlich in einem Interview bekannt, und hier wolle sie bis zu ihrem Tod bleiben. „Sowohl das Gute als auch das Schlechte der Stadt gehört zu mir“, sagt die Frau mit dem Abstand von zwei Jahrzehnten nach dem Brandanschlag, der fünf junge Frauen und Mädchen ihrer Familie umbrachte. Am Donnerstag gedachte der Landtag der Opfer. „Der 29. Mai 1993 gehört zweifellos zu den dunkelsten Tagen in der Geschichte unseres Bundeslandes“, so Präsidentin Carina Gödecke.

Es war die letzte Plenarsitzung vor einem traurigen Jahrestag. Mevlüde Genc und ihr Ehemann Durmus saßen auf der Besuchertribüne. „Ja, wir kommen gern“, hatten sie auf die Einladung geantwortet – und Gödecke wertete dies als „großartige Geste des Miteinanders und der Versöhnung“. Wie schwer die seelische Belastung für sie immer noch ist, hat die 70-Jährige erstmals der „Süddeutschen Zeitung“ berichtet.

Ausländerhass trieb die Täter

„Mit dem Älterwerden ist der Schmerz sogar schwerer geworden“, sagt Mevlüde Genc, „ich kann ihn nicht mehr tragen. Ich habe fünf meiner Kinder an einem Tag verloren und am selben Tag in Särge gelegt. Ich habe nachts geweint und mich tagsüber um meine anderen Kinder gekümmert. Ich habe meine Tränen nicht gezeigt.“

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Ausländerhass trieb die vier Täter, die das Haus der Familie Genc in Solingen anzündeten. Als der frühere Ministerpräsident Johannes Rau am selben Tag vor der Brandruine stand, fragte er sich, ob es überhaupt noch Sinn mache, in der Politik zu bleiben. Immer wieder stifteten damals Rechtsextremisten zu fremdenfeindlichen Anschlägen an – in Hoyerswerda, in Rostock oder Mölln.

Rachegelüste gegen Deutsche oder Hass auf den Staat sind der Familie Genc fremd. Die vier Brandstifter wurden wegen fünffachen Mordes zu Haftstrafen verurteilt. 20 Jahre nach Solingen wird in München vor Gericht über die NSU-Morde verhandelt. Mevlüde Genc sagt: „Es wird alles ans Licht kommen.“