Brüssel. Viele Fischbestände in Europa könnten künftig stärker geschont werden. Die EU-Staaten haben sich auf eine Reform der EU-Fischereipolitik geeinigt. Jetzt müssen noch die Abgeordneten des Europaparlaments zustimmen. Die Reform könnte schon in den nächsten Tagen beschlossene Sache sein.

Die Minister der EU-Staaten wollen auf Druck des Europaparlaments die Fischbestände stärker schonen. Darauf einigten sich die Ressortchefs am frühen Mittwochmorgen in Brüssel, wie der irische Landwirtschaftsminister und Verhandlungsleiter Simon Coveney mitteilte. Die Reform soll den Kurs der europäischen Fischereipolitik für die kommenden Jahre bestimmen.

Die Abgeordneten im Europaparlament müssen dem Gesetzeswerk zustimmen und verlangten im Gegenzug mehr Rücksicht auf die strapazierten Fischbestände in Europa. Bereits im Februar hatten die EU-Staaten ihre Position zur Reform der Fischereipolitik beschlossen. Nun besserten sie nach, um eine Einigung mit dem Parlament zu ermöglichen.

Irlands Minister Coveney sagte, die Staaten seien dem Parlament in vielen Punkten entgegengekommen. EU-Fischereikommissarin Maria Damanaki zeigte sich zuversichtlich: "Ich denke, dass eine Einigung möglich ist", sagte sie.

Sogenannte Rückwürfe sollen stärker eingeschränkt werden

So wollen die Staaten etwa das Über-Bord-Werfen ungewollt gefangener Fische stärker einschränken als bisher geplant. Denn die Tiere landen oft verletzt im Wasser und sterben dort - ihr Fang nützt damit niemandem. Die Zahl dieser sogenannten Rückwürfe wollen die EU-Länder im Laufe mehrerer Jahre auf höchstens fünf Prozent der Fänge drücken. Im Februar hatten die Staaten noch bis zu sieben Prozent zulassen wollen.

Zudem wollen die Minister festschreiben, dass die Fangobergrenzen (Quoten) künftig so festgesetzt werden, dass die Fischbestände langfristig stabil sind.

Wird die Reform jetzt schnell verabschiedet? 

Die EU-Staaten hätten sich "noch ein deutliches Stück" auf das Parlament zubewegt, erklärte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). "Das war auch, glaube ich, ein richtiges und ein wichtiges Signal. Und es war das Maximale, was sozusagen im Rat (der EU-Staaten) jetzt auch verhandelbar war."

Verhandlungsführer Coveney wollte noch am Mittwochmorgen Fischereipolitiker aus dem Europaparlament über die Ergebnisse der zweitägigen Verhandlungen informieren. Falls Staaten und Europaparlament zusammenfinden, könnte die Fischerei-Reform innerhalb der nächsten Wochen beschlossene Sache sein.

Kritik von Umweltschützern

Die Verhandlungsführerin des Parlaments, Ulrike Rodust, äußerte sich allerdings zurückhaltend. Sie hoffe auf einen Einigung, könnte dies aber nicht garantieren. "Diese Reform ist zu wichtig für die Umwelt und für die Fische, um sie jetzt übers Knie zu brechen", erklärte die SPD-Europaabgeordnete.

Tatsächlich übten Umweltschützer einmal mehr harsche Kritik. Greenpeace sprach von einer "Enttäuschung" und fehlender Entschiedenheit. Laut WWF würde es 100 Jahre dauern, die Überfischung aller Bestände zu beenden, wenn der Vorschlag der Minister umgesetzt würde.

Der Deutsche Fischereiverband (DFV) hingegen begrüßte den Vorschlag der Minister. "Im Nordostatlantik werden ohnehin schon über 50 Prozent der Bestände nach dem Prinzip der nachhaltigen Fischerei befischt. Deshalb kann die deutsche Fischerei mit dem vorgeschlagenen Kompromiss leben", sagte DFV-Sprecher Claus Ubl. (dpa/afp)