London. In Großbritannien sollen sich Vermieter zukünftig als Außenposten der Ausländerbehörde engagieren: Mit diesem Vorschlag zur Kontrolle illegaler Einwanderer reagiert die Koalition auf das fulminante Abschneiden der Hardliner-Partei UKIP bei den Kommunalwahlen vergangene Woche.

Das neue Parlamentsjahr in Westminster hat begonnen, eingeläutet durch die Queen, die zu diesem Anlass traditionell eine knappe Regierungserklärung vorliest. Für Großbritannien ist es einer der buntesten Tage im politischen Kalender: Elizabeth II. fährt mit Kutsche und Krone vor; nur zu dieser Rede nimmt sie noch auf einem Thron Platz. Dort trägt sie vor, was „meine Minister“ diktiert haben – und schweigt sich über Text-Änderungen in letzter Minute diplomatisch aus.

Dass die Redenschreiber dem jüngsten Dokument in einigen Nachtschichten einen neuen Dreh verpasst haben, liegt nahe. Seit Wochenbeginn steht Premier David Cameron mächtig unter Druck: Bei den Kommunalwahlen hat die Außenseiter-Partei UKIP mit Anti-EU-Tiraden und Kritik an hoher Zuwanderung 25 Prozent der Stimmen geholt.

In Dutzenden Rathäusern in England und Wales müssen Konservative nun für UKIP den Platz räumen. Um den Hardlinern die Themen zu nehmen, hat Cameron gleich als Erstes die Rede der Queen mit Konkurrenz-Ideen gepfeffert. Hauptangriffsziel: Einwanderer und Ausländer.

Strafen für Vermietung an Ausländer

So sollen Vermieter in Zukunft Pässe und Visa ausländischer Mieter überprüfen. Wer an Ausländer ohne britisches Bleiberecht vermietet, muss hohe Strafen zahlen. Das Gesetzesvorhaben sieht auch vor, dass Zuwanderer erst nach einer längeren Frist Zugang zum Gesundheitssystem erhalten. Eine Sozialwohnung soll es erst nach zwei Jahren Aufenthalt in Großbritannien geben.

Die Neuregelungen zur Einwanderung nehmen in der Erklärung noch einen prominenteren Platz ein als Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung – dem derzeit dringendsten Problem im Königreich. Auch die geplante Einführung einer staatlichen Einheitsrente von 680 Euro pro Monat ist gestern in der politischen Diskussion nach der Rede untergegangen.

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Saftige Kritik nicht nur von der Opposition

Saftige Kritik an „rein kosmetischen Verbesserungen“ gab es nicht nur von der Opposition. Der Britische Verband der Hausärzte hat einem Behandlungsverbot für neue Zuwanderer schon jetzt eine Absage erteilt: „Mediziner sind kein verlängerter Arm der Grenzbehörde, der Kranke auf Zugangsrechte prüft und womöglich im Moment größter Not abweisen soll.“ Auch Eigentümer-Verbände rätseln, ob Vermieter nun Kurse belegen müssen, um die Korrektheit von Visa und Pässen ihrer Mieter erkennen zu können.

Ebenso vielsagend wie die verlesenen Punkte waren die, die fehlten. Von der breit diskutierten und befürworteten Erhöhung der Alkohol- und Zigarettensteuer etwa war gestern keine Rede mehr. Dass UKIP-Chef Nigel Farage seine Beliebtheit kultiviert, indem er sich gern mit Bier und Zigarette zeigt, hat mit der überraschend neuen Fassung der Regierungserklärung sicher nur am Rande zu tun.