SPD-Chef Gabriel unterstützt die Forderung der Grünen nach Tempo 120 auf Autobahnen - richtig so, findet Sebastian Weßling. Denn ein Tempolimit macht die Autobahnen sicherer, reduziert die Umweltbelastung und lässt den Verkehr noch dazu besser fließen.
Nichts ist berechenbarer als die Empörung, die in Deutschland einem Politiker entgegenschlägt, wenn er sich an des Deutschen liebstem Kind vergreift: dem Auto. Und so erntet auch SPD-Chef Sigmar Gabriel reichlich Kritik für seine Unterstützung der Grünen-Forderung nach Tempo 120 auf Autobahnen. Aber warum eigentlich? Gute Argumente gegen ein Tempolimit gibt es kaum, gute Argumente dafür gibt es reichlich.
Ein Tempolimit macht die Autobahnen sicherer. Das erklärt sich schon durch ein wenig Physik: Wer langsamer fährt, hat mehr Zeit zum Reagieren und kann einen Unfall eher verhindern. Und wenn es doch kracht, dann ist der Aufprall weniger heftig und damit die Folgen weniger schlimm. Untermauert wird das durch zahlreiche Statistiken, etwa aus dem Bundesland Hessen: Als dort in den Achtziger-Jahren versuchsweise Tempo 100 auf einigen Autobahnen eingeführt wurde, halbierte sich - bei ansonsten gleichen Bedingungen - die Zahl der Verkehrstoten und Schwerverletzten. Ähnlich waren die Zahlen, als 1973 und 1974 wegen der Ölkrise ein generelles Tempolimit von 100 km/h auf deutschen Autobahnen galt.
Besonders gefährlich sind auf Autobahnen die großen Geschwindigkeitsunterschiede: hier die Fahrer moderner Hightech-Karossen, die dank elektronischer Unterstützungssysteme bequem mit über 200 Stundenkilometern über den Asphalt gleiten, dort die LKW, die kaum über 100 kommen - gerade bei Spurwechseln wird das gefährlich. Ein Tempolimit würde diese Unterschiede abbauen.
Tempo 120 lässt den Verkehr flüssiger fließen
Und damit würde der Verkehr auf deutschen Autobahnen auch stabiler und harmonischer fließen: Fahren alle langsamer können die Sicherheitsabstände geringer sein, außerdem kommt es zu weniger hektischen Bremsmanövern, wenn deutlich schnellere auf langsame Autos treffen. Wie in den USA, wo auf ansonsten vergleichbare Autobahnen 10% mehr Autos passen. Das sorgt für weniger Staus und - damit sind wir schon beim nächsten Argument - zu weniger Abgasen und einer geringeren Umweltbelastung. Der Effekt mag nicht besonders groß sein, aber er ist allemal vorhanden.
Und was sprach nochmal gegen Tempo 120? Eigentlich nur der Slogan "Freie Fahrt für freie Bürger", doch der ist als Argument relativ dünn. Denn die Freiheit endet eben immer da, wo die Interessen anderer Menschen betroffen werden - zum Beispiel, wenn durch Autobahn-Raser Menschenleben gefährdet werden. Klar, die meisten Verkehrstoten gibt es anderwo, etwa auf Landstraßen. Aber das ist doch kein Argument, nicht auch die Sicherheit auf Autobahnen zu verbessern. Meine Wohnung schließe ich ja auch jeden Abend ab, obwohl das Einbruchsrisiko in anderen Stadtteilen deutlich höher ist.