München. In der Steueraffäre um Bayern-Präsident Uli Hoeneß ist gegen die Münchner Staatsanwaltschaft Strafanzeige gestellt worden. Hintergrund ist, dass Hoeneß' Selbstanzeige öffentlich geworden war. Anders als zunächst berichtet, stellte jedoch nicht Hoeneß selbst die Anzeige, sondern eine Anwaltskanzlei unabhängig von ihm.

In der Steueraffäre um Uli Hoeneß hat eine Münchner Rechtsanwaltskanzlei mit einer Strafanzeige gegen unbekannte Beamte der Münchner Staatsanwaltschaft für weiteren Wirbel gesorgt. Die Kanzlei begründete ihr Vorgehen am Montag damit, dass die Selbstanzeige des Bayern-Präsidenten öffentlich geworden war und damit das Steuergeheimnis verletzt worden sei.

Zunächst hatten die Rechtsanwälte den Eindruck erweckt, sogar im Auftrag von Hoeneß zu handeln. Dieses Missverständnis korrigierten sie später und erklärten, die Anzeige sei "allein unsere eigene Initiative".

Anwälte mahnen Objektivität an

Die Staatsanwaltschaft München II konnte den Eingang der Anzeige zunächst nicht bestätigen. Sie ermittelt gegen Hoeneß wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Durch einen Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" war die Steuersünde des 61-Jährigen bekannt geworden.

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Die Münchner Rechtsanwälte mahnten bei den Ermittlern Objektivität im Fall Hoeneß an und warnten auf Nachfrage vor einem "Sittenverfall". Die Staatsanwaltschaft muss entscheiden, ob sie gegen den Bayern-Präsidenten Anklage erhebt oder ob die Selbstanzeige am Ende doch wie von ihm erhofft strafbefreiend wirken kann.

Merkel lässt Regeln bei Selbstanzeige wegen Steuerbetrugs prüfen

Unterdessen lässt Kanzlerin Angela Merkel unter dem Eindruck der Steueraffäre des FC-Bayern-Präsidenten prüfen, ob die erst 2011 geänderten Regeln zur Straffreiheit bei Selbstanzeige abermals verschärft werden sollten. Die CDU-Chefin regte am Montag in einer Parteivorstandssitzung eine Arbeitsgruppe mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), seinen Amtskollegen aus den unionsgeführten Ländern sowie Experten der Unionsfraktion im Bundestag an. Das teilte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe in Berlin mit.

Die Kommission solle Vorschläge erarbeiten, wie Steuerbetrug besser bekämpft werden kann. Eine der Fragen sei, ob die Regelung in erster Linie für Bagatellfälle angewendet werden soll. FDP- Generalsekretär Patrick Döring sagte im ZDF-"Morgenmagazin": "Die Bagatelllösung ist überdenkenswert, darüber kann man sprechen." Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte, die Frage sei, ob eine Höchstgrenze eingezogen und aus der generellen Strafbefreiung eine Strafminderung gemacht werden solle.

Damit schwenken Union und FDP auf rot-grüne Forderungen nach strengeren Regeln ein. CSU-Chef Horst Seehofer hatte dies bereits am Wochenende getan. Bisher war die Koalition dagegen, das Paket zwei Jahre nach der Verschärfung wieder aufzumachen. Die SPD sieht kaum Chancen für eine Umsetzung noch vor der Bundestagswahl. "Horst Seehofer hält mal wieder nur den Finger in den Wind", sagte Generalsekretärin Andrea Nahles. Er sei unglaubwürdig - Bayern nehme den letzten Platz in Sachen Steuerfahndung ein.

58 Prozent lehnen die strafbefreiende Selbstanzeige ab

SPD und Grüne plädieren für höhere Hürden bei der Straffreiheit per Selbstanzeige beziehungsweise eine Begrenzung auf Bagatellfälle nach einer Übergangszeit. Die Linke ist für die sofortige Abschaffung - die hessische CDU/FDP-Regierung indes für die Beibehaltung der Regel.

Nach einer Umfrage lehnen 58 Prozent die strafbefreiende Selbstanzeige ab. 40 Prozent finden es richtig, dass Steuerbetrüger sich offenbaren und straffrei reinen Tisch machen können. Auch halten 30 Prozent die SPD am kompetentesten im Kampf gegen Steuerbetrug, für 24 Prozent ist es die CDU/CSU.

Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sagte, es dürfe nicht sein, dass kleine Steuervergehen ganz normaler Bürger "manchmal auch bis zur Vernichtung der Existenz" geahndet würden und "die Großen" mit Sonderbehandlung rechnen könnten. (dpa)