Paris. . Nachdem die französische Nationalversammlung die Homo-Ehe endgültig verabschiedet hat, legten sich auf den Straßen fast 200 Protestanten mit Ordnungskräften an. Ob der Protest sogar ein Schulterschluss mit rechtsextremen Gruppen rechtfertigt, darüber ist sich die konservative Partei UMP uneins.

Die Demonstration in Paris gegen die Homo-Ehe begann friedlich, doch am Ende flogen Steine, Flaschen und Feuerwerkskörper. Die Ausschreitungen am Dienstagabend markieren den Höhepunkt eines monatelangen Streits, der die französische Gesellschaft tief gespalten und zu einem erbitterten Kulturkampf geführt hat.

In der Nationalversammlung stimmte gegen 17 Uhr – wie erwartet – eine deutliche Mehrheit (331 : 225) für das Gesetz, das gleichgeschlechtlichen Paaren künftig die Eheschließung erlaubt sowie das Recht, Kinder zu adoptieren oder mit Hilfe der Fortpflanzungsmedizin zu zeugen.

Draußen, auf der weitläufigen Esplanade zwischen Invalidendom und Seine-Ufer, hatten sich zur selben Zeit mehrere Tausend Gegner der „Ehe für alle“ zum friedlichen Protest versammelt. Doch bis zum Abend schaukelte sich die aufgeheizte Stimmung so sehr hoch, dass sich fast 200 überwiegend jugendliche Randalierer, bewaffnet mit Pflastersteinen und Eisenstangen, mit den Ordnungskräften anlegten. Diese setzten Tränengas ein und nahmen zehn Demonstranten fest. Ein von einem Stein getroffener Polizist musste bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Konservative Partei UMP wegen Rauferei im französischen Parlament verwarnt

Schon Tage zuvor, in der Nacht von Donnerstag auf Freitag, war es selbst im Hohen Hause während der erhitzt geführten Debatte zu Handgreiflichkeiten zwischen Befürwortern und Gegnern der Homo-Ehe gekommen. Drei Abgeordnete der konservativen UMP waren auf einen Regierungsberater losgegangen.

Ein Protestant wirft mit einer Absperrung. Bild: dpa
Ein Protestant wirft mit einer Absperrung. Bild: dpa

Für sie hat die Rauferei jetzt ein Nachspiel. Das Parlamentspräsidium hat sie verwarnt und mit 1500 Euro Bußgeld belegt. Zu Beginn dieser Woche war Parlamentspräsident Claude Bartolone Zielscheibe einer unfreundlichen Attacke. Der sozialistische Politiker erhielt einen mit Schießpulver gefüllten anonymen Brief, in dem es hieß: „Sie wollen den Krieg, Sie werden ihn haben.“

Unmittelbar nach der Abstimmung im Parlament, die nach dem Ja durch den Senat am 12. April nur noch eine Formalität war, kündigte die oppositionelle UMP eine Klage vor dem Verfassungsrat an. Der sozialistische Staatspräsident François Hollande verteidigte unterdessen das Gesetzesvorhaben. „Die Ehe für alle ist ein wichtiger Schritt zur Modernisierung unserer Gesellschaft“, sagte er am Mittwoch.

Konservative streiten über gemeinsame Aktionen mit rechtsextremer "Front National"

In den vergangenen Monaten hatten Hunderttausende in ganz Frankreich gegen die Homo-Ehe und das damit verbundene Adoptionsrecht demonstriert. Die Bewegung nennt sich „Manif pour tous“ („Demo für alle“) und gewann überraschend stark an Zulauf. Eine ihrer Anführerinnen nennt sich Frigide Barjot, eine Verballhornung des Namens Brigitte Bardot. Wegen ihres schrillen Outfits wird sie die „rosarote Pantherin“ genannt. Die Bewegung ist fest entschlossen, trotz der parlamentarischen Niederlage weiter zu machen. Die nächste Großdemo ist geplant am 26. Mai. Ferner erwägt das lose, rechtsbürgerliche Protestbündnis, Kandidaten für die Kommunalwahl im nächsten Jahr aufzustellen.

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Im Lager der bürgerlichen UMP sorgt die Homo-Ehe weiter für Meinungsverschiedenheiten. Während einige Politiker bei Kundgebungen nicht davor zurückschreckten, gemeinsam mit dem rechtsextremen „Front National“ in der ersten Reihe zu marschieren, schlagen andere einen gemäßigten Kurs ein. Ex-Minister François Baroin etwa rief dazu auf, sich deutlich vom „Front National“ abzugrenzen.

Gibt der Verfassungsrat grünes Licht für die Homo-Ehe, können sich die ersten gleichgeschlechtlichen Paare voraussichtlich Mitte Juni in den Rathäusern das Ja-Wort geben.