Berlin. . In den vergangenen drei Jahren hat die Familienministerin nahezu alle gegen sich aufgebracht. Ein möglicher Rückzug von Kristina Schröder hat neben den privaten auch politische Gründe. Die Bilanz ihrer Amtszeit ist eher mager, zudem hat sie auch in den eigenen Reihen viele Gegner.

Spitzenjob und Kleinkind – das passt nicht zusammen. Das ist das Signal. Und als Signal, ausgerechnet von der Familienministerin, ist es bitter: Kristina Schröder will nach der Wahl nicht mehr Ministerin sein, weil sie mehr Zeit für ihre zweijährige Tochter haben will, weil der Druck auf die 35-Jährige zu groß ist. Ist Schröder gescheitert? Es gibt zwei Antworten: eine politische und eine private.

Politisch hat Kristina Schröder in den letzten dreieinhalb Jahren nahezu alle gegen sich aufgebracht. Den Traditionalisten ist sie zu liberal, weil sie die Homo-Ehe gleichstellen will, den Frauenpolitikern ist sie zu zögerlich, weil sie gegen gesetzliche Quoten ist. Zum Betreuungsgeld hat sie geschwiegen. Zwei Drittel der Deutschen halten ihre Politik für ziellos. Aber sie wollte auch nie Familienministerin werden, sie war bloß zu ehrgeizig, um abzulehnen, als die Kanzlerin im Herbst 2009 bei ihr anfragte. 32 Jahre alt war sie damals und sollte Ursula von der Leyen beerben. Die nahm sie von Anfang an nicht ernst.

Auch interessant

Julia Emmrich Kommentar.jpg
Von Julia Emmrich

Die Entscheidung für den Rückzug ist offenbar schon im letzten Jahr gefallen. Die Stimmung war schlecht, Schröder hatte mit ihrem Buch „Danke, emanzipiert sind wir selber!“ eine Lawine aus Ärger und Spott losgetreten. „Wie bitte?“, wunderten sich alle halbwegs feministisch geschulten Frauen im Land, das Private ist nicht mehr politisch? Und diese Meinung vertritt ausgerechnet die Frauenministerin? Am Ende des Jahres setzte sie sich noch einmal in die Nesseln – diesmal mit theologischen Überlegungen („das Gott“). Und prompt war der alte Vorwurf wieder da: „Sie ist eben noch zu jung.“

Schon im Januar wich Schröder Fragen nach zweiter Amtszeit aus

Bereits im Januar weicht sie Fragen nach einer zweiten Amtszeit aus. Ihre Tochter Lotte geht mittlerweile in die Kita, bringt Erkältungsviren nach Hause. Schröder wirkt ernüchtert. Sie hat den Kita-Ausbau vorangetrieben, der Rest ihrer Bilanz sieht mager aus. Pflegezeit? Wird kaum angenommen. Großelternzeit? Scheitert an der FDP. Aufstockung der Vätermonate? Vertagt. Doch ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl gibt kein Minister zu, dass er die Nase voll hat. Zumal Angela Merkel schützend hinter ihrer loyalen Ministerin steht. Mitte März, es ging um familienfreundliche Chefs, bedankt sich Schröder öffentlich. „Ich hatte immer diese Rückendeckung.“ Und Merkel kontert: „Auch mein Blickwinkel ändert sich, je mehr ich sehe, wie Kabinettskollegen mit Kindern leben.“

Pläne für ein zweites Kind

Sechs Wochen später gibt Merkel Schröders Rivalin Ursula von der Leyen in der Quotenfrage nach. Es ist ein Rückschlag für Schröder. Feste Quoten sind ihr ein Gräuel. In der anschließenden Bundestagsdebatte lässt sie sich jedoch nichts anmerken, sondern greift mit Schmackes die Opposition an. Die Kanzlerin ist erleichtert. Merkel mag solche Mitarbeiter. „Sie erfüllt die Pflichten des Amtes absolut“, lässt sie am Montag ihren Sprecher ausrichten. Es klingt wie ein Arbeitszeugnis.

Auch interessant

Die jüngsten Hinweise auf Schröders Rückzug kommen aus ihrem eigenen Landesverband. In der Hessen-CDU gibt es Vorwürfe, Schröder, die vielen als zu liberal gilt, lasse sich zu wenig blicken, schwänze Weinfeste, meide die üblichen Politikertouren durchs Land. Die Botschaft: Sie schafft es nicht mit Familie, Partei und Ministeramt. Deshalb, aus privaten Gründen, wolle sie keine zweite Amtszeit. Schröders Parteifreunde liegen damit nicht falsch – aber ihr Vorpreschen wirkt wie eine Entmündigung. Sie treffen Schröders Lieblingsargument und wenden es gegen sie. Denn die politisch glücklose Schröder tut nichts anderes als das, was sie immer gefordert hat: Eltern sollen ihr Lebensmodell frei wählen können.

Kristina Schröder wird im August 36 Jahre alt. Sie will Abgeordnete bleiben, aber sie will auch, dass Tochter Lotte kein Einzelkind bleibt. Eine zweite Schwangerschaft im Kabinett – das wird es mit Kristina Schröder nicht geben. Die Familie geht jetzt vor.