Saarbrücken. Nach langem Zögern hat sich Oskar Lafontaine entschieden. Trotz Drängens vieler Genossen will der 69-Jährige nicht noch einmal in den Bundestag. Er sehe derzeit keine Chance, noch etwas zu bewegen, gab er als Grund für seine Entscheidung an.

Die mehr als 20-jährige bundespolitische Karriere von Oskar Lafontaine geht zu Ende. Nach langem Zögern kündigte der frühere Parteichef der Linken am Montag in Saarbrücken an, er werde sich bei der Bundestagswahl am 22. September nicht um ein Mandat bewerben. Zuvor hatte bereits die "Saarbrücker Zeitung" den Rückzug gemeldet.

Er sehe keine "Realisierungschancen" für ein Konzept zur Neuordnung der europäischen Finanzmärkte, gab Lafontaine als Hauptgrund für seine Entscheidung an. Vor allem die West-Landesverbände hatten den 69-Jährigen gedrängt, erneut zu kandidieren, um die Chancen der Linken bei der Wahl zu erhöhen.

Oskar Lafontaine - links zwischen Berlin und Saarbrücken

1966: Lafontaine wird SPD-Mitglied (bis 2005)

1970: SPD-Abgeordneter im saarländischen Landtag (bis 1975)

1976: Oberbürgermeister von Saarbrücken (bis 1985)

1977: Landesvorsitzender der Saar-SPD (bis 1996)

1985: Ministerpräsidenten des Saarlandes (bis 1998)

1987: stellvertretender SPD-Bundesvorsitzender (bis 1995)

1990: im März Nominierung als SPD-Kanzlerkandidat; im April Messer-Attentat einer geistig verwirrten Frau während einer Wahlkampfveranstaltung; im Dezember Niederlage bei der Bundestagswahl

1995: Lafontaine setzt sich auf dem Mannheimer Parteitag bei einer Kampfabstimmung gegen Rudolf Scharping als SPD-Chef durch

1998: Bundesfinanzminister der neuen rot-grünen Regierung (bis 1999)

1999: Überraschender Rücktritt als SPD-Chef und Finanzminister wegen Streits mit Kanzler Gerhard Schröder (SPD)

2005: im Mai/Juni Austritt aus der SPD und Eintritt in die Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG); im September Vorsitz der Linksfraktion im Bundestag gemeinsam mit Gregor Gysi

2007: Fusion von WASG und Linkspartei, Lafontaine wird neben Lothar Bisky Parteichef der Linken

2009: im August Landtagswahl im Saarland, mit Spitzenkandidat Lafontaine bekommt die Linke 21,3 Prozent; im Oktober Verzicht auf erneute Kandidatur für Fraktionsvorsitz im Bundestag; im November Bekanntgabe seiner Krebserkrankung

2010: Rückzug vom Parteivorsitz und Aufgabe des Bundestagsmandats

2012: im März holt die Saar-Linkspartei mit Lafontaine 16,1 Prozent; im Mai erklärt er sich bereit zur Rückkehr an die Parteispitze, will aber Vorsitz und Spitzenkandidatur bei der Bundestagswahl verknüpfen und ohne Gegenkandidaten antreten. Als auch Gysi auf Distanz zu ihm geht, verzichtet Lafontaine.

2013: Am 22. April kündigt der 69 Jahre alte Lafontaine an, trotz Drängens von Teilen seiner Partei nicht erneut für den Bundestag anzutreten. Er strebe auch keine weiteren Ämter oder Mandate an. (dpa)

Lafontaine ist seit mehr als 40 Jahre in der Politik, die Hälfte der Zeit davon auf Bundesebene - zunächst für die SPD, dann für die von ihm mitgegründete Linke. Zuletzt war er 2009 in den Bundestag eingezogen, hatte sich aber nach einer Krebserkrankung zurückgezogen und führt seither die Linken-Fraktion im saarländischen Landtag.

Lafontaine sieht keine Chance, noch etwas zu bewegen

Linke-Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn erklärte in Berlin, die Partei sei auch ohne Lafontaine für die Bundestagswahl gut aufgestellt. "Er wird auch weiterhin eine wichtige öffentliche Person für die Linke sein", sagte Höhn. Enttäuschung über den innerpartlichen Streit vor allem mit seinem einstigen Verbündeten, Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi, gebe es nicht.

Lafontaine erklärte, er sehe derzeit keine Chancen, etwas zu bewegen: "Wenn man sich längere Zeit etwas aufbürdet, dann muss man ein Ziel haben." Er sei bereit, sich vor allem inhaltlich und programmatisch auch in der Bundespolitik einzubringen, wenn er gefragt werde. Ein Mandat oder ein Amt in der Partei strebe er aber nicht mehr an.

Im saarländischen Landtag will Lafontaine bis zum Ende der Legislaturperiode 2017 Vorsitzender der Linken-Fraktion bleiben. Die Saar-Linken stellen am 5. Mai als letzter Linken-Landesverband ihre Landesliste für die Bundestagswahl auf. Dabei gilt nur der erste Platz als sicher. Neben den beiden Bundestagsabgeordneten Thomas Lutze und Ivonne Ploetz hat auch die Pressesprecherin der Linken-Fraktion im Saar-Landtag, Ex-Tennisstar Claudia Kohde-Kilsch, Interesse an dem Platz angemeldet. (dpa)