Berlin. . Unionsfraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) will Online-Ärzten in Großbritannien die Arbeit erschweren. Per Ferndiagnose stellen sie deutschen Patienten Rezepte aus, die in jeder Apotheke eingelöst werden können. Ist das gefährliche Praxis – oder ein sinnvolles Angebot bei schambehafteten Krankheiten?
Die CSU will gegen Online-Ärzte aus dem Ausland vorgehen. Konkret geht es dabei um eine britische Praxis, in der mehrere deutsche Ärzte praktizieren. Mehr als 15 000 Patienten aus Deutschland haben deren Sprechstunden seit 2011 besucht und sich Rezepte ausstellen lassen. Oftmals leiden sie an Erkrankungen, die als peinlich gelten, beispielsweise Geschlechtskrankheiten.
„Wir wollen, dass dieses Geschäftsmodell in Deutschland keine Zukunft hat“, sagte Unions-Fraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) der WAZ Mediengruppe. Zu den Schwerpunkten der Praxis gehören Frauen-, Männer- und Sexualgesundheit, sowie Reisemedizin. Seit Januar bieten die Online-Ärzte auch die „Pille danach“ an, ein Angebot, das angeblich schon mehr als 1000 Frauen wahrgenommen haben.
Bei peinlichen Erkrankungen im Vorteil
„Bei den peinlichen Erkrankungen sind wir niedrigschwellig und gegenüber den niedergelassenen Ärzten im Vorteil“, sagt der Sprecher der Online-Praxis, Jens Apermann.
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Das gängige Verfahren sieht aus wie folgt: Zunächst muss ein Patient einen Fragebogen ausfüllen. Dann bekommt er eine Diagnose und Behandlungsempfehlung ausgestellt, ehe er bei Bedarf ein Rezept erhält. Dies kann der Arzt direkt an den Patienten schicken oder an eine Versandapotheke.
Ärztepräsident Montgomery warnt
Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, hält dieses Geschäftsmodell aus medizinischer Sicht für „ausgesprochen“ gefährlich. „Ein seelenloser Fragebogen ist etwas ganz Anderes als eine Untersuchung durch einen Arzt“, sagte Montgomery dieser Zeitung. Es bestehe die Gefahr, dass die Patientensicherheit auf der Strecke bleibt. Apermann versicherte hingegen, dass Ferndiagnosen nur für wenige Bereiche angeboten würden und den Regeln ärztlicher Praxis folgten.
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Nun ist ein Streit entbrannt, inwieweit das Agieren der Online-Ärzte in Deutschland zulässig ist. Hierzulande sind Fernbehandlungen verboten. In England hingegen, wo die Praxis sitzt, sind Ferndiagnosen erlaubt.
Gilt deutsches oder britisches Recht?
„Das deutsche Recht darf nicht durch britisches Recht verwässert werden“, sagte Unions-Gesundheitsexperte Singhammer. Unlängst hat das Gesundheitsministerium mit Blick auf die „Pille danach“ festgehalten, dass „die Verschreibung wegen des fehlenden Patientenkontakts nicht dem (deutschen) ärztlichen Berufsrecht“ entspricht. Allerdings sieht eine EU-Richtlinie vor, dass Verschreibungen anderer EU-Länder in Deutschland anerkannt werden müssen.
Singhammer macht sich nun für eine Gesetzesänderung oder einen Vorstoß in Brüssel stark. Er hofft auf ein Ergebnis Ende April. Andernfalls gibt es aus seiner Sicht eine geringere Sicherheit für die Patienten.