Dhaka. . Der Vize-Chef der Jamaat-e-Islami-Partei, Delwar Hossain Sayedee, ist wegen mutmaßlicher Gräueltaten während des Unabhängigkeitskrieges zum Tode verurteilt worden. Landesweit kam es zu heftigen Protesten seiner Anhänger.
Nach der Verurteilung eines führenden islamistischen Politikers in Bangladesch sind am Donnerstag bei landesweiten Ausschreitungen 21 Menschen getötet worden. Zudem wurden nach Angaben der Polizei und der Gesundheitsdienste etwa 300 Menschen verletzt. Das Todesurteil gegen den Vize-Chef der Jamaat-e-Islami-Partei, Delwar Hossain Sayedee, wurde mit Gräueltaten während des Unabhängigkeitskriegs 1971 begründet.
Die Vorgänge während des Unabhängigkeitskrieges gegen Pakistan vor mehr als vier Jahrzehnten sind in Bangladesch bis heute äußerst umstritten. Nach Darstellung der Regierung wurden damals drei Millionen Menschen getötet. Hunderttausende Frauen wurden vergewaltigt. Für die Gewalt werden unter anderem islamistische Milizen verantwortlich gemacht, die im Auftrag Pakistans tätig gewesen sein sollen. Andere Schätzungen gehen von 300.000 bis 500.000 Toten aus.
Das Urteil gegen Sayedee ist nur eines in einer ganzen Serie von Prozessen gegen führende Vertreter der Islamisten. Bereits im Januar gab es Gewaltausbrüche bei ähnlichen Urteilssprüchen. Es sind noch acht Prozesse gegen Jamaat-Politiker anhängig.
Stellvertreterkrieg zwischen Pakistan und Indien
Das Todesurteil gegen Sayedee wurde vom sogenannten internationalen Strafgericht für Bangladesch (ICT) verhängt, das nicht unter Schirmherrschaft der UNO steht. Sayedee ist auch einer der bekanntesten islamischen Prediger des Landes - je nach Sichtweise auch einer der bekanntesten Hassprediger gegen den Westen. Er wurde unter anderem des Mordes, der Vergewaltigung und der religiösen Verfolgung für schuldig befunden. Nach Überzeugung des Gerichts gehörte er während des Unabhängigkeitskriegs einer brutalen pro-pakistanischen Miliz an. Er soll mitverantwortlich dafür sein, dass damals 25 Häuser von Hindus niedergebrannt wurden. Nun soll er gehängt werden.
Sayedee wies das Urteil in dem vollbesetzten Gerichtssaal als das Werk von "Atheisten" und Anhängern der Regierung zurück. In der Hauptstadt Dhaka waren rund 10.000 Polizisten im Einsatz. Anfang Februar wurde der Sayedee-Vertraute Abdul Qader Molla zu lebenlanger Haft verurteilt. Bei anschließenden Ausschreitungen wurden 16 Menschen getötet.
Das heutige Bangladesch war nach dem Ende der britischen Kolonialherrschaft 1947 zunächst ein Teil Pakistans. 1971 erkämpften sich die Bengalen in einem blutigen Krieg mit indischer Unterstützung die Unabhängigkeit. Die Dschamat-e-Islami sprach sich damals für ein vereinigtes Pakistan aus - und wurde von Pakistan unterstützt.