Berlin. Ärzte dürfen in Ausnahmefällen Gentests an Embryonen vornehmen, bevor diese in den Mutterleib eingepflanzt werden. Der Bundesrat hat der entsprechenden Rechtsverordnung am Freitag zugestimmt. Gesundheitsminister Daniel Bahr begrüßte den Entschluss.

Hilfsangebot für Paare, die schwere Erbkrankheiten bei ihrem Nachwuchs befürchten: In Ausnahmefällen können bei einer künstlichen Befruchtung gezeugte Embryonen vor der Einsetzung in den Mutterleib auf Gendefekte untersucht werden. Der Bundesrat stimmte am Freitag der bislang noch fehlenden Rechtsverordnung zur Präimplantationsdiagnostik (PID) zu.

Allerdings änderten die Länder die Verordnung. Beispielsweise wollen sie festschreiben, dass Kliniken keinen automatischen Anspruch auf Zulassung als PID-Zentren haben, sondern sich einer Einzelfallprüfung unterziehen müssen. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) kündigte aber bereits an, er werde die Änderungen übernehmen und die abgewandelte Verordnung dem Kabinett vorlegen.

Länder müssen unabhängige Ethikkommissionen einrichten

Bei der PID werden künstlich gezeugte Embryonen vor der Einpflanzung in die Gebärmutter auf Krankheiten untersucht und gegebenenfalls vernichtet. Mit der Verordnung kann die Methode künftig in speziellen Zentren angewendet werden, die strenge Auflagen erfüllen müssen. Die Länder müssen unabhängige Ethikkommissionen einrichten, die die Anträge auf PID prüfen und binnen drei Monaten mit einfacher Mehrheit entscheiden.

Wozu die PID dient

Mit der PID unter suchen Ärzte im Reagenzglas künstlich befruchtete Embryonen am dritten Tag auf genetische Defekte. Kranke Embryonen werden nicht eingesetzt und aussortiert.

Vor allem monogenetische Krankheiten, bei dem eine Mutation ein Leiden zur Folge hat, erkennt die PID. Viele andere Leiden wie Diabetes oder Alzheimer haben aber vielfache Ursachen.

Der Bundestag hatte die PID am 7. Juli 2011 mit Einschränkungen im Embryonenschutzgesetz erlaubt. Der Gentest ist nur in den Fällen zulässig, in denen eine Tot- oder Fehlgeburt droht oder ein oder beide Elternteile ein hohes genetisches Risiko für eine schwerwiegende Erbkrankheit in sich tragen. Aus Sicht der Kritiker ermöglicht die Verordnung eine zu weite Anwendung der PID.

Gesundheitsminister Bahr begrüßt die Zustimmung des Bundesrates

Die Diskussion über eine Neuregelung war nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Leipzig von 2010 in Gang gekommen. Die Richter urteilten damals, dass die PID nach dem 1991 in Kraft getretenen Embryonenschutzgesetz nicht grundsätzlich untersagt ist. Damit war das umstrittene Verfahren plötzlich erlaubt. Bis dahin war die Mehrzahl der Experten davon ausgegangen, dass das Embryonenschutzgesetz die PID verbietet.

Bahr begrüßte die Zustimmung des Bundesrates, auch wenn diese mit Änderungen an einigen Vorschriften der Verordnung verbunden sei. "Ich bin sehr zufrieden", sagte der Minister. "Wir werden die Änderungen jetzt umsetzen und auf den Weg bringen." (dapd)