Düsseldorf. . Die Piratenpartei streitet um die Kosten für eine Kuschelkonferenz im September in Bielefeld. 2500 Euro waren veranschlagt, doch Bällebad, Lavalampen und Ledersofas kosteten am Ende 28 000 Euro. Jetzt will es keiner gewesen sein. Und bezahlen will auch niemand.

Am Ende half doch nur die Innovation des persönlichen Gesprächs. Die Polit-Neulinge der Piratenpartei hatten sich über Twitter, Blogs, Foren und sonstige digitalen Kanäle derart zerlegt, dass der „Arbeitskreis Kultur“ des NRW-Landesverbandes im September auf eine ziemlich eigentümliche Idee verfiel: Wie wäre es mit einer realen Begegnung? Austausch und Aussprache aller interessierten Piraten ohne zwischengeschaltete Smartphones und Tablet-Computer?

„Flauschcon“ sollte die innerparteiliche Klimakonferenz heißen, weil „Flausch“ ein freundlicher Begriff aus dem Internet-Wortschatz der Piraten ist. Der bessere Umgang untereinander war zentrales Thema der Zusammenkunft, für die eigens eine Bielefelder Mehrzweckhalle hergerichtet wurde: Teppiche, Sofas, Liegestühle, Fototapeten und als Symbol der ungestümen Freude an Politik: ein buntes Bällebad, das sonst Kindergarten-Kindern Tobelust verschafft.

Partei-Stars wie Ponader und Weisband kamen

Rund 200 Piraten kamen, darunter bundesweit bekannte wie der eigenwillige politische Geschäftsführer Johannes Ponader und der Kurzzeit-Medienstar Marina Weisband. Allenthalben wurde die „Flauschcon“ als erfolgreicher Versuch gewertet, beleidigenden und diffamierenden Auseinandersetzungen der Piraten im Internet eine fröhliche, leibhaftige Begegnung entgegenzustellen. Doch nun provoziert ausgerechnet diese Kuschelkonferenz zwei Monate später neuen Ärger.

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Der Vorstand des NRW-Landesverbandes offenbarte Mitte der Woche, dass der Bielefelder Basistreff im Bällebad kaufmännisch ein ziemliches Fiasko war. Statt der ursprünglich veranschlagten Kosten von 2400 Euro wurden rund 28.000 Euro auf den Kopf gehauen. Der Landesvorstand hatte lediglich eine Unterstützung von 500 Euro und eine Ausfallbürgschaft über 2000 Euro in Aussicht gestellt. Nun häufen sich Tausende von Euros für Deko, Veranstaltungstechnik, Hotels und nicht zuletzt für Schäden, die der falsch verklebte Teppich auf dem Hallenboden hinterließ.

Selbstgedruckte Visitenkarten und ein unbekannter Ort 

„Der NRW-Landesverband sieht sich nicht in der Pflicht, für alle Kosten aufzukommen“, sagt ein Parteisprecher auf Anfrage entschlossen. Die Dinge seien aus dem Ruder gelaufen, weil sich ein Parteimitglied mit selbstgedruckter Visitenkarte als „Eventmanager“ der Piraten ausgab und mit falschen Versprechen munter Veranstaltungsutensilien orderte. Inzwischen sei er nicht mehr zu erreichen. Sogar auf Twitter, bei den Piraten wichtigste Quelle der Selbstvergewisserung, gebe es seit Oktober kein Lebenszeichen mehr. Ein realer Wohnort des selbsternannten Eventmanagers? „Angeblich Holland“, so der Sprecher.

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Nicht zum ersten Mal scheint den NRW-Piraten zu dämmern, dass man sich organisatorisch wohl oder übel den etablierten Parteien anpassen muss, will man nicht zur Lachnummer des politischen Betriebs verkommen. Man ist zwar stolz auf die losen, meist virtuellen „Arbeitskreise“, die bessere Ideen und Initiativen hervorbringen sollen als verknöcherte, hierarchisch organisierte Gremien der Altparteien. Doch eine „Flauschcon“, die jemand ohne Mandat kostspielig organisiert, den keiner so richtig kennen will, spricht für ein kurioses Eigenleben. Nun soll eine „AG Event“ dafür sorgen, dass Veranstaltungen künftig nicht mehr aus den Fugen geraten.

Erst der Hormonhaushalt, jetzt der Finanzhaushalt

Nach Wochen, in denen die Piraten-Landtagsabgeordnete Birgit Rydlewski mit Sex-Twittereien aus dem Düsseldorfer Parlament („Du darfst an mir lecken, wo Du willst“) für Empörung sorgte, könnte sich das ungute Gefühl einstellen, dass die Freibeuter nicht nur Probleme mit dem Hormonhaushalt haben.