Essen. Der sechste nationale IT-Gipfel ist am Dienstag in Essen gestartet. Deutschland soll in Zukunft zur weltwirtschaftlichen Weltspitze im IT - Sektor aufsteigen. Deshalb sollen Wachstumsimpulse für den Ausbau digitaler Netze geschaffen werden. Dabei seien Investitionen von 130 Milliarden nötig.
Deutschland will bei der fortschreitenden Digitalisierung in den nächsten Jahren zur wirtschaftlichen Weltspitze aufsteigen. Bis 2020 könne es die Bundesrepublik als Industrienation sowie als Standort für Informationstechnologie (IT) gleichermaßen unter die ersten drei schaffen, sagte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) auf dem diesjährigen Nationalen IT-Gipfel am Dienstag in Essen. "Wir wollen in beiden Bereichen auf das Siegertreppchen kommen."
Als Industrienation steht Deutschland, einstmals die Nummer drei nach den USA und Japan, durch das enorme Wachstum Chinas und Indiens inzwischen auf dem fünften Rang. Im Wettbewerb der IT-Branche bringt es die Bundesrepublik auf Platz sechs. In den nächsten Jahren müsse daher die traditionelle Stärke der deutschen Industrie mit den Chancen der IT vernetzt werden, sagte Rösler: "Die digitale Wirtschaft ist Wachstumstreiber für alle Branchen."
In Deutschland sollen die Wachstumsimpulse digitaler Netze in verschiedene Bereiche kommen
Schon jetzt geht nach einer auf dem Gipfel vorgestellten Studie rund ein Fünftel des Produktivitätswachstums in allen Wirtschaftszweigen auf den wachsenden Einsatz von IT zurück. Der Anteil werde mit der fortschreitenden Digitalisierung auch der klassischen Industrie weiter steigen. Die von Fachleuten ausgerufene "vierte industrielle Revolution", kurz "Industrie 4.0", sei eine "große Chance" für Deutschland, befand auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
In Deutschland sollen die Wachstumsimpulse aus dem Aufbau intelligenter digitaler Netze in den zentralen Infrastrukturen Energie, Verkehr und Gesundheit kommen. Damit lassen sich dann beispielsweise Verkehrsströme besser lenken und die Stromerzeugung passgenau auf den Verbrauch abstimmen.
Die nationale IT-Gründerszene soll künftig mehr Unterstützung bekommen
Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien (Bitkom) schätzt die nötigen Investitionen auf 130 Milliarden Euro. "Das ist eine Mammutaufgabe, die Staat und Wirtschaft nur gemeinsam bewältigen können", sagte Bitkom-Präsident Dieter Kempf. Dem folge aber eine jährliche Wertschöpfung von bis zu 55 Milliarden Euro. "Wir sollten uns zum Ziel setzen, in den kommenden zehn Jahren die modernste Infrastruktur weltweit aufzubauen", so Kempf.
Aber auch die nationale IT-Gründerszene soll künftig mehr Unterstützung bekommen. Das Bundeswirtschaftsministerium will dazu laut Rösler sowohl einen Beirat "Junge Digitale Wirtschaft" als auch einen Marktplatz für junge IT-Betriebe - sogenannte Start-ups - schaffen. Diese sollen so unter anderem leichter potenzielle Investoren finden und Kontakte zur etablierten Wirtschaft aufbauen.
Bitkom findet erstmal in NRW statt
Dass es hierzulande bislang weder ein deutsches Google noch ein deutsches Amazon gibt, führen IT-Experten vor allem auf unzureichende Gründerhilfe zurück. Bankkredite, Beteiligungskapital oder öffentliche Zuschüsse spielten bei der Finanzierung von Start-ups kaum eine Rolle, kritisierte Kempf: "Mit dem Sparbuch der Gründer kann man kein Google und kein Facebook aufbauen."
Bereits zum siebten Mal veranstaltete die Bundesregierung den Nationalen IT-Gipfel, auf dem rund 800 Teilnehmer aus Wirtschaft, Forschung und Politik die künftigen wirtschaftlichen Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologie ausloteten. Erstmals fand die Veranstaltung in Nordrhein-Westfalen statt. (dapd)