Washington. . Four more Years - die hat der Amtsinhaber gewonnen. Doch sie werden hart. Präsident Obama hat nicht viel Zeit zu feiern - und mehr als ein halbes Dutzend Probleme vor der Brust. Das drängendste ist das “Fiscal Cliff“

US-Präsident Barack Obama bleibt nach dem Wahlsieg kaum Zeit zum Feiern - es gibt etliche offene politische Baustellen. Und das Schreckgespenst des "Fiscal Cliff" könnte die weltgrößte Volkswirtschaft Anfang 2013 in die Rezession treiben. Der Grund: Republikaner und Demokraten konnten sich noch nicht einigen, wie der tiefrote Staatshaushalt saniert werden soll. Die Republikaner lehnen jede Steuererhöhung ab - Obama will keine Einigung ohne eine höhere Belastung großer Einkommen. Gibt's bis Jahresende keinen Kompromiss, treten automatische Kürzungen in Kraft - die verheerend wirken könnten."Sollte die US-Wirtschaft im Januar von der fiskalischen Klippe stürzen, ist sogar eine Rezession sehr wahrscheinlich", sagt US-Experte Bernd Weidensteiner von der Commerzbank.

Kommen die automatischen Kürzungen, wird das US-Staatsdefizit 2013 nach derzeitigem Stand um rund 665 Milliarden Dollar reduziert. Dies wären rund vier Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Passionierte Haushälter würden zwar freudig in die Hände klatschen, aber mit so einer Sanierung auf einen Schlag würde sich die Wirtschaft übernehmen. Denn dies würde den für die USA so wichtigen privaten Konsum abwürgen und die Investitionen der Firmen mächtig bremsen.

Bürger zur US-Wahl

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    Hintergrund ist die Tatsache, dass zum Jahreswechsel viele Steuererleichterungen auslaufen. Diese hatten zum Teil noch die Republikaner unter Ex-Präsident George W. Bush vor rund zehn Jahren beschlossen. Auch die Regierung unter Barack Obama entlastete die Bürger 2009 mit einem Konjunkturpaket. Zudem treten nächstes Jahr automatische Ausgabenkürzungen und neue Steuern im Gesundheitswesen in Kraft.

    Lahme Enten am Verhandlungstisch

    Die Zeit drängt. Auch die Finanzmärkte wollen Klarheit, welche Regeln auslaufen und welche verlängert werden. Vertrackt wird es dadurch, dass eine Lösung vor Jahresende gefunden werden muss, und zwar von Politikern, die teilweise schon auf Abruf sind, denn der neue Kongress tritt erst im Januar zusammen. "Das müsste in der "Lame-Duck-Session" passieren - die Senatoren und Abgeordneten hätten dann eigentlich kein richtiges Mandat mehr, so etwas Weitreichendes zu beschließen", sagt Josef Braml, US-Fachmann der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Neben dem US-Präsidenten wurde auch das Repräsentantenhaus und ein Drittel der Senatoren gewählt. "Ich würde meine Hand dafür nicht ins Feuer legen, dass sie vor Jahresende einen Deal hinbekommen", sagt Braml.

    Vertreter der Finanzbranche setzen darauf, dass die Politiker den Sturz von der Klippe verhindern - zumindest vorläufig. "Sie werden kurzfristig einige Sachen verlängern müssen, um Zeit zu gewinnen", sagt Ken Bentsen, Cheflobbyist vom Finanzdienstleister Sifma in Washington. "Dann müssen sie das fiscal cliff richtig angehen und zwar mit einem umfangreichen Haushaltsplan", betont der Texaner, der selbst acht Jahre lang für die Demokraten im Abgeordnetenhaus saß.

    Allerdings bleibt es auch nach den Wahlen bei dem politischen Patt, das bisher eine Einigung verhinderte: Die Republikaner haben die Mehrheit im Repräsentantenhaus, die Demokraten dominieren den Senat. Dieser Patt sorgte dafür, dass die USA im Sommer 2011 knapp an der Zahlungsunfähigkeit vorbeischrammten. Erst in letzter Minute einigte sich der Kongress auf eine Anhebung der Schuldenobergrenze, vertagte jedoch die Sanierung des Haushalts. Der Denkzettel folgte sogleich: Die Ratingagentur Standard & Poor's entzog das AAA-Top-Rating für die Kreditwürdigkeit. "Wenn die Ratingagentur konsequent wäre, müsste sie die USA ein zweites Mal herabstufen - selbst, wenn wieder nur ein fauler Kompromiss erreicht würde, der das Problem des Schuldenabbaus in die Zukunft schiebt", sagt Braml.

    Für Braml ist klar: "Früher oder später müssen die Amerikaner höhere Zinsen für die Finanzierung ihrer Staatsschulden zahlen."

    Ausweg: Dreimeter-Brett

    Zunächst aber beginnt das Geschacher in Washington. Die Gräben zwischen den Parteien sind jedoch tief. Es ist kein Geheimnis in der US-Hauptstadt, dass einige Republikaner einen Schock an den Märkten riskieren würden, wenn dies die "Kultur des Ausgebens" ändern könnte. Mehrere Demokraten wiederum sehen einen Sturz von der Klippe als taktisches Mittel, um die Republikaner zu Ausgabenerhöhungen zu zwingen. Die Theorie ist einfach: Niemand will den Finger für Steuererhöhungen heben und damit seine Karriere gefährden. Knallt es, kann man der anderen Seite die Schuld in die Schuhe schieben.

    Die fünf Wirtschaftsweisen in Deutschland bewerten die Haushaltsklippe in ihrem Jahresgutachten als Gefahr für die Weltkonjunktur. Commerzbanker Weidensteiner geht davon aus, dass von den 665 Milliarden Dollar Etat-Entlastung 200 Milliarden Dollar übrig bleiben. Dies könne die Wirtschaft verkraften, eine Rezession wäre verhindert, sagt er. "Das wäre dann kein Sturz von der Klippe, sondern nur ein Sprung vom Dreimeter-Brett."

    Die anderen innenpolitischen Baustellen: 

    ARBEITSPLÄTZE: Trotz einer gewissen Entspannung und eines zaghaft konstanten Stellenaufwuchses steht der Arbeitsmarkt mit einer Arbeitslosenquote von 7,9 Prozent für amerikanische Verhältnisse alles andere als rosig dar. Legt man die jetzigen Wachstumsraten an, benötigt Amerika noch mindestens drei Jahre, um jene Jobs wieder zu gewinnen, die durch die Rezession 2008 verloren gingen. Ein großes nationales Infrastrukturprogramm in Straßen, Brücken und Energienetze, das Experten auf jährlich 200 Milliarden Dollar über einen Zeitraum von zehn Jahren angesetzt sehen wollen, würde Arbeitsplätze schaffen. Kehrseite der Medaille: Kurzfristig würden die Staatsschulden weiter steigen. Und: Die Republikaner lehnen diese Vorgehensweise ab. Sie wollen die Wirtschaft vor allem durch Steuererleichterungen für Unternehmen in Schwung bringen. Wie auch immer: Vom Weißen Haus wird ab sofort höchstes Engagement bei der Schaffung von Jobs erwartet.

    EINWANDERUNG: Restriktive Gesetz gegen Immigranten haben in südlichen Bundesstaaten bereits erhebliche wirtschaftliche Schäden verursacht. Hunderttausende Saisonarbeiter sind einfach weitergezogen; in freundlichere Bundesstaaten oder zurück nach Lateinamerika. Aber elf Millionen Einwanderer ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung leben seit vielen Jahren in Amerika. Der Druck, einem nennenswerten Teil den Weg zur nachträglichen Einbürgerung zu ermöglichen, wird immer größer. Eine größere Einwanderungsreform, wie sie Obama zu Beginn seiner Amtszeit angekündigt, dann aber wegen des Drucks der Republikaner auf Eis gelegt hat, ist überfällig.

    Die außenpolitischen Baustellen 

    Wichtigste Baustelle außerhalb der Landesgrenzen ist die Sorge vor einer atomaren Bewaffnung des Iran. Die Wirtschaftssanktionen wirken zwar. Aber noch hat Teheran nicht eingelenkt und einen uneingeschränkten Einblick in seine unterirdische Uran-Anreicherung gewährt. Israel hat die Tonlage zwar abgemildert. Aber das Szenario eines Militärschlags gegen den Iran steht nach wie vor im Raum. Sowohl Obama als auch Romney hatten vor der Wahl deutlich gemacht, dass sie nicht zulassen werden, dass Teheran Atommacht wird. Im Frühjahr wird voraussichtlich erkennbar, ob eine diplomatische Lösung gelingen kann. Oder ob eine militärische Eskalation immer näher rückt

    ARABISCHER FRÜHLING: Das Attentat auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi hat nicht nur Amerika schmerzlich vor Augen geführt, wie schlecht es um die demokratisch orientierten Freiheitsbewegungen im arabischen Raum bestellt ist. Die Aussicht auf zunehmenden Einfluss radikaler Islamisten in den nördlichen Anrainerstaaten des Mittelmeeres konterkariert die Erzählung der Regierung Obama, dass El Kaida substanziell geschwächt sei. Der unverändert blutige Bürgerkrieg in Syrien, über den es im UN-Sicherheitsrat wegen der Blockadehaltung Chinas und Russlands bisher keine Verständigung gibt, sitzt Washington ebenso im Nacken wie der trostlose Zustand im Nahost-Konflikt. Israel und Palästinenser wieder an einen Tisch zu lotsen, wird Aufgabe der neuen Regierung sein.

    Das ist Mitt Romney

    Mitt Romney ist ein US-amerikanischer Multimillionär, Politiker der Republikanischen Partei und ehemaliger Gouverneur des Bundesstaates Massachusetts. Er ist Kandidat der Republikanischen Partei für die Präsidentschaftswahl 2012.
    Mitt Romney ist ein US-amerikanischer Multimillionär, Politiker der Republikanischen Partei und ehemaliger Gouverneur des Bundesstaates Massachusetts. Er ist Kandidat der Republikanischen Partei für die Präsidentschaftswahl 2012. © AFP
    Romney auf der Bühne vor seinen Wählern bei einer Wahlkampf-Veranstaltung.
    Romney auf der Bühne vor seinen Wählern bei einer Wahlkampf-Veranstaltung. © AFP
    Obama und Romney liegen in landesweiten Umfragen kurz vor der Wahl praktisch gleichauf.
    Obama und Romney liegen in landesweiten Umfragen kurz vor der Wahl praktisch gleichauf. © REUTERS
    Im Flugzeug bereitet sich Mitt Romney auf den nächsten Vortrag vor.
    Im Flugzeug bereitet sich Mitt Romney auf den nächsten Vortrag vor. © AFP
    Der Präsident wird nicht nach dem nationalen Stimmenanteil, sondern von einem Wahlmännergremium gekürt. Dort spiegeln sich die Ergebnisse aus den einzelnen Bundesstaaten wider. Dabei kommt es am Ende nur auf wenige Staaten mit wechselnden Mehrheiten an.
    Der Präsident wird nicht nach dem nationalen Stimmenanteil, sondern von einem Wahlmännergremium gekürt. Dort spiegeln sich die Ergebnisse aus den einzelnen Bundesstaaten wider. Dabei kommt es am Ende nur auf wenige Staaten mit wechselnden Mehrheiten an. © AFP
    Nach 18 Monaten hartem Wahlkampf tourten beide Kandidaten noch einmal durch mehrere Bundesstaaten, um ...
    Nach 18 Monaten hartem Wahlkampf tourten beide Kandidaten noch einmal durch mehrere Bundesstaaten, um ... © AFP
    ...  ihre Anhänger zu mobilisieren und unentschlossene Wähler zu überzeugen.
    ... ihre Anhänger zu mobilisieren und unentschlossene Wähler zu überzeugen. © AFP
    "Wir brauchen jede einzelne Stimme in Florida", sagte Romney in der Stadt Sanford nahe Orlando. "Wir bitten Euch, den ganzen Weg bis zum Sieg am Dienstagabend dranzubleiben." © AFP
    Ganz klar: Die Eltern dieses Babys stimmen für Herausforderer Mitt Romney.
    Ganz klar: Die Eltern dieses Babys stimmen für Herausforderer Mitt Romney. © REUTERS
    Inmitten von Wählern küssen sich Mitt und seine Frau Ann Romney nach einer Wahlkampf-Veranstaltung in Ohio.
    Inmitten von Wählern küssen sich Mitt und seine Frau Ann Romney nach einer Wahlkampf-Veranstaltung in Ohio. © REUTERS
    Schamanen beten im südamerikanischen Lima für Obamas Kontrahenten Mitt Romney.
    Schamanen beten im südamerikanischen Lima für Obamas Kontrahenten Mitt Romney. © AP
    Ein junger Fan von Mitt Romney mit einem klaren Statement auf der Stirn.
    Ein junger Fan von Mitt Romney mit einem klaren Statement auf der Stirn. © AFP
    Mitt Romney spielt auf dem Flugplatz in Ohio Football.
    Mitt Romney spielt auf dem Flugplatz in Ohio Football. © AP
    Romney spricht zu seinen Wählern und Fans in Fairfax Virgina.
    Romney spricht zu seinen Wählern und Fans in Fairfax Virgina. © AFP
    Im Wahlkampf-Büro von Mitt Romney geht es in den letzten Tagen vor der Wahl unruhig zu.
    Im Wahlkampf-Büro von Mitt Romney geht es in den letzten Tagen vor der Wahl unruhig zu. © REUTERS
    Präsidentschaftskandidat Mitt Romney in Virgina.
    Präsidentschaftskandidat Mitt Romney in Virgina. © AFP
    Romney nach einer Wahlkampf-Veranstaltung auf dem Flugplatz in Lynchburg, Virginia.
    Romney nach einer Wahlkampf-Veranstaltung auf dem Flugplatz in Lynchburg, Virginia. © AFP
    In der Stadt Newington freuen sich die Wähler und Fans auf den Auftritt von Herausforderer Mitt Romney.
    In der Stadt Newington freuen sich die Wähler und Fans auf den Auftritt von Herausforderer Mitt Romney. © AP
    Ein Fan von Romney: Mit allerhand Buttons hat sie ihren Hut geschmückt.
    Ein Fan von Romney: Mit allerhand Buttons hat sie ihren Hut geschmückt. © AFP
    Dieses Wahlplakat von Mitt Romney steht in Millersport, Ohio.
    Dieses Wahlplakat von Mitt Romney steht in Millersport, Ohio. © AFP
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    CHINA: Mit der neuen, beinahe zeitgleich bestimmten Führung in Peking wird der neue Präsident vor allem die latenten Handelskonflikte in konstruktive Bahnen lenken müssen. Der Streit um Strafzölle und Produktpiraterie dürfte nicht nur die Welthandelsorganisation (WTO) weiter beschäftigen. Sondern auch ein neues Einvernehmen auf oberster Ebene erfordern. Einen Handelskrieg können sich beide Seiten nicht leisten. China ist Amerikas wichtigster Gläubiger. Umgekehrt benötigt China die USA als Absatzmarkt für seine Produkte.

    EUROPA: Seit die Euro-Krise eingehegt zu sein scheint, fällt das Kürzel EU in Washington so gut wie gar nicht mehr. Obama vertraut auf die Führungskraft von Angela Merkel. Mitt Romney hatte mit Europa (außer als Sandsack für Sozialismus-Verdächtigungen...) bislang gar nichts am Hut. Über den Umweg Afghanistan könnte sich das ändern. Wenn die US-geführte Internationale Schutztruppe (Isaf) Ende 2014 das Gros der Soldaten vom Hindukusch abziehen wird, muss eine neue Mission zur Stabilisierung und weiteren Ausbildung der einheimischen Sicherheitskräfte her. „Itam“ heißt das Kürzel, das sich zu merken lohnt. Das kostet viel Geld und Personeneinsatz. In Washington wird damit gerechnet, dass der neue Präsident Europa hier „eine höhere Rechnung ausstellen wird“. (mit Material von Reuters)