Kairo. Der ägyptische Präsident Mursi will die Demonstranten begnadigen, die während des Aufstands gegen Mubarak verhaftet worden waren. Davon könnten mehr als 1000 Menschen betroffen sein. Seit seinem Amtsantritt hat Mursi bereits 500 Zivilisten begnadigt. An der Amnestie kommt aber auch Kritik.

Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi hat eine Amnestie für alle Demonstranten erlassen, die wegen des Volksaufstands gegen den gestürzten Machthaber Husni Mubarak verhaftet wurden. Mit dem am Montag veröffentlichten Dekret sollen alle, die in Verbindung mit Aktivitäten "zur Unterstützung der Revolution" eingesperrt wurden, freikommen. Davon könnten mehr als 1000 Demonstranten profitieren, gegen die derzeit Prozesse laufen. Mursis Rechtsberater Mohammed Gadallah sprach von "einem der wichtigsten Siege der Revolution".

Im Erlass werden der Generalstaatsanwalt und der Militärankläger aufgefordert, binnen vier Wochen eine Liste mit den Namen all derer vorzulegen, die für eine Amnestie infrage kämen. Auch die Demonstranten gegen den Militärrat, der Mubarak zunächst ablöste, sind davon erfasst. "Das zeigt, dass die Revolution nun an der Macht ist und Entscheidungen lenkt", sagte Gadallah. Das Justizsystem werde jetzt die Revolutionäre schützen.

Mursi hat bereits mehr als 500 Zivilisten begnadigt

Mursi hatte seit seinem Amtsantritt Ende Juni schon mehr als 500 Zivilisten begnadigt, die von Militärtribunalen verurteilt worden waren. Mehr als 12.000 Ägypter waren wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und Hooliganismus vor Militärtribunale gestellt worden. Ausgenommen von der Amnestie sind Angeklagte, die sich wegen vorsätzlichen Mords verantworten müssen.

Ahmed Seif, Mitglied eines von Mursi eingesetzten Komitees zur Prüfung von aus der Revolution stammenden Rechtsfällen, beurteilte das Dekret differenziert. "Es ist ein großer Schritt, aber nicht genug", sagte Seif. "Jetzt wird es Diskussionen dazu geben, wie die Begnadigungen umgesetzt werden." Er erwarte, dass dies Monate dauere.

Menschenrechtsanwalt Mohammed Abdel-Asis sagte, die Amnestie käme etwas spät und hätte mit Entschädigungszahlungen verknüpft werden sollen. Er glaube, Mursi habe gehandelt, um vor einer für Freitag angekündigten Demonstration gegen ihn den politischen Druck zu verringern. (dapd)