Berlin. Ein Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD steht weiter im Raum, aber führende Politiker der Bundesregierung sind skeptisch, ob das Verfahren Aussicht auf Erfolg bietet. Das Innenministerium dementiert einen Bericht, wonach die Beweissicherung gegen die NPD bereits abgeschlossen sei.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) dämpft die Erwartungen an ein erneutes Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD. "Wir können heute noch nicht bewerten, ob ausreichend fundierte Fakten für ein erfolgreiches NPD-Verbotsverfahren vorliegen", sagte die Ministerin der "Ostsee-Zeitung" (Montagausgabe). Das Bundesinnenministerium wies derweil einen Medienbericht zurück, wonach die Suche nach belastendem Material gegen die Partei beendet sei.
"Die Materialsammlung ist noch nicht abgeschlossen", sagte ein Sprecher von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am Sonntag der Nachrichtenagentur dapd in Berlin und fügte hinzu: "Es ist auch noch keine juristische Bewertung des Materials erfolgt." Im Dezember wollen die Innenminister eine Entscheidung darüber fällen, ob sie ein erneutes Verbotsverfahren anstrengen.
"Spiegel" berichtet über 1200 Seiten langes Papier, das die NPD schwer belastet
Das Nachrichtenmagazin "Spiegel" hatte zuvor berichtet, das Bundesinnenministerium habe die Sammlung von Beweismitteln bereits abgeschlossen und intern ein knapp 1.200 Seiten umfassendes Dossier vorgelegt. Die Dokumente belasteten die NPD als eine zutiefst rassistische Partei, schreibt das Magazin. Die Aussichten für ein Parteiverbot sind jedoch laut Experten ungewiss. Schon 2003 war ein Verfahren aufgrund des Einsatzes von V-Leuten in der NPD-Spitze vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. In den Ländern gibt es derzeit starke Befürworter für einen neuen Versuch.
Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) plädierte im "Spiegel" dafür, dieses Mal auf Material von V-Leuten zu verzichten. "Wenn wir vor dem Bundesverfassungsgericht bestehen wollen, sollten wir uns ausschließlich auf offene Quellen berufen", sagte der Landesminister.
CSU-Politiker Uhl gegen neues Verbotsverfahren
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Hans-Peter Uhl (CSU), sprach sich derweil gegen ein neues NPD-Verbotsverfahren aus. "Ich bin und bleibe dagegen", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montagausgabe). Denn die Rechtsextremisten würden nach einem Verbot, sollte es dazu kommen, neue Vereine und Kameradschaften gründen. "Es ändert sich ja nichts", sagte Uhl. Ein NPD-Verbot sei insofern reines "Showbusiness".
In jedem Fall aber werde ein solches Verfahren "handwerklich sehr kompliziert", zumal im Zweifel alle involvierten V-Leute offengelegt werden müssten. Und schließlich trüge für ein Verfahren am Ende allein der Bundesinnenminister "die politische Verantwortung und niemand sonst", hob der CSU-Politiker hervor. Die Länder-Innenminister könnten ihm diese Verantwortung nicht abnehmen.
In der Vergangenheit hatte sich auch Friedrich skeptisch gezeigt, ob ein Verbotsantrag in Karlsruhe und beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Bestand haben könnte. (dapd)