Berlin/Mainz. Wird die Affäre um die Nürburgring-Pleite zum Stolperstein für Kurt Beck? Das Misstrauensvotum gegen den Ministerpräsidenten wird am Dienstag bei einer Sondersitzung des rheinland-pfälzischen Landtangs eingebracht. Zwei Tage später entscheiden dann die Abgeordneten per Abstimmung.

Kurz vor dem von der CDU beantragten Misstrauensvotum gegen den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) verschärft sich die Debatte.

Beck werde seiner besonderen Vorbildfunktion als Regierungschef nicht mehr gerecht, sagte die Vorsitzende der CDU-Fraktion, Julia Klöckner, am Montag. Ihre Partei fordert schon länger den Rücktritt Becks wegen der Pleite am Nürburgring. Die rot-grüne Koalition demonstriert derweil Geschlossenheit.

Drittes Misstrauensvotum gegen einen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten

Das Misstrauensvotum wird am Dienstag (28. August) bei einer Sondersitzung des Landtags eingebracht, namentlich abstimmen müssen die Abgeordneten am Donnerstag.

In der Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz ist es das dritte Misstrauensvotum gegen einen Regierungschef und das erste seit 60 Jahren. Beck war wegen der Insolvenz der staatlichen Nürburgring GmbH massiv in die Kritik geraten. Er entschuldigte sich zwar für die Vorgänge, lehnt einen Rücktritt aber ab.

Die damalige SPD-Alleinregierung hatte neben die Rennstrecke eine Erlebniswelt bauen lassen und war mit der Privatfinanzierung wegen geplatzter Schecks 2009 spektakulär gescheitert. Auch die dann gefundenen privaten Betreiber zahlten nicht die komplette Pacht, sodass die Nürburgring GmbH in Turbulenzen geriet.

Land musste mit 330-Millionen-Kredit einspringen

Kritiker fürchten, dass der Steuerzahler nun bis zu einer halben Milliarde Euro schultern muss. Wegen der Nürburgring-Pleite im Juli musste das Land für einen 330-Millionen-Euro-Kredit als Bürge einspringen.

CDU-Chefin Klöckner betonte in einem dapd-Gespräch, dass Beck bereits vor der Landtagswahl im März 2011 um die desolate Situation am Nürburgring gewusst, dies aber verschwiegen habe. "Das rechtfertigt ein Misstrauensvotum", betonte Klöckner.

Sie wies zugleich Spekulationen zurück, es gehe ihr dabei um eine persönliche Inszenierung wegen Ambitionen auf den stellvertretenden Vorsitz in der Bundes-CDU. Beck habe die Nürburgring-Affäre nicht gemacht, damit "Julia Klöckner mehr Chancen in der Bundes-CDU hat". Ihr wäre es lieber gewesen, dem Steuerzahler seien die Kosten von einer halben Milliarde Euro erspart geblieben.

Klöckner betonte, dass der Misstrauensantrag notwendig sei, damit die Opposition glaubwürdig bleibe. "Wir dokumentieren damit, dass wir dem Ministerpräsidenten - nach den ganzen Nürburgring-Erfahrungen - nicht mehr trauen und ihm nicht mehr glauben", sagte Klöckner.

In die Archive werde wegen der namentlichen Abstimmung jeder Name eingehen, "der dem Ministerpräsidenten einen Blanko-Scheck ausstellt", unterstrich die Oppositionschefin.

Grünen werfen CDU "Effekthascherei" vor

Die Grünen, als Koalitionspartner der SPD, werfen Klöckner unterdessen "Effekthascherei" vor und kritisieren den Umgang mit der Verfassung. "Es befremdet uns, wie die CDU mit unserer Verfassung umgeht", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Nils Wiechmann.

Ein Misstrauensvotum diene schließlich nicht Dokumentationszwecken, fügte er hinzu. Die Grünen-Fraktion werde geschlossen gegen den CDU-Antrag stimmen, unterstrich Wiechmann. Er appellierte an die Opposition, dass sie künftig mit der Verfassung "sensibler umgehen sollte".

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Hendrik Hering, hob die Geschlossenheit der Regierungsfraktionen hervor. "Die Solidarität zu Kurt Beck steht nicht in Frage", sagte Hering in einem Interview der "Rheinpfalz" (Montagausgabe). Die SPD und die Koalition werden "geschlossen gegen das Misstrauensvotum stimmen".

Eine sich wandelnde politische Kultur

Der Landauer Politikwissenschaftler Ulrich Sarcinelli sieht unterdessen eine sich wandelnde politische Kultur. Sarcinelli bezeichnete im dapd-Interview das Misstrauensvotum als "eine Giftspritze" für das Verhältnis zwischen Beck und Oppositionschefin Klöckner. Ein Misstrauensvotum schade dem Amtsinhaber "allemal".

In diesem Fall werde es dazu führen, dass die Nürburgring-Problematik weiterhin landes- und deutschlandweit thematisiert werde und dass die politische Verantwortung dafür mit dem Namen Beck verbunden werde. "Der Ministerpräsident wird parlamentarisch vorgeführt, das ist schon ein gravierender Vorgang", fügte Sarcinelli hinzu. Die CDU gehe auf Konfrontation und bewege sich vom typischen rheinland-pfälzischen Konsensstil weg.(dapd)