Amman/Beirut. Die Gefechte in Syrien weiten sich aus - inzwischen auch auf die Nachbarländer Jordanien und Libanon. Die jüngsten Gewalttaten fallen auf die Abschluss-Festlichkeiten des Fastenmonats Ramadan. Ein Ende der blutigen Konflikte ist laut dem neuen UN-Sondergesandten Lakhdar Brahimi nicht absehbar.
Auch am zweiten Tag eines der höchsten muslimischen Feste haben sich syrische Regierungstruppen und Rebellen in der Stadt Daraa im Süden des Landes heftige Gefechte geliefert. Dabei kamen nach Angaben von Aktivisten am Montag mindestens sechs Menschen ums Leben. Unter den Opfern der Kämpfe seien zwei Kinder und zwei Frauen gewesen. Das berichteten die Beobachtungsstelle für Menschenrechte und die Örtlichen Koordinationskomitees.
Gefechte tobten demnach auch in vielen anderen Landesteilen, darunter in Vororten der Hauptstadt Damaskus und in der nordsyrischen Wirtschaftsmetropole Aleppo. Auch dort habe es Tote und Verletzte gegeben, hieß es. Die jüngsten Gewalttaten fallen auf den zweiten Tag der Festlichkeiten zum Ende des Fastenmonats Ramadan.
Syrische Opposition legt Pläne für Zeit nach Assad vor
Unterdessen wurde bekannt, dass die syrische Opposition mit Unterstützung Deutschlands und der USA sechs Monate lang die Zeit nach einem möglichen Sturz von Präsident Baschar al-Assad vorbereitet hat. "Wenn Assad stürzt, stehen wir nicht mit leeren Händen da", sagte der Exilsyrer Ferhad Ahma über das Projekt "The Day After".
Der Berliner Grünen-Politiker, der seit 1996 in Deutschland lebt und seit 2010 wegen seines Engagements in der Opposition auf der syrischen Fahndungsliste steht, beteiligte sich an den Verhandlungen bei der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Sie wurde aus Sicherheitsgründen lange geheim gehalten. Dabei wurden in sechs Bereichen die Grundlagen für die Zeit nach Assad erarbeitet, darunter die Reform des syrischen Sicherheitsapparats, der Prozess der nationalen Aussöhnung und die Entwicklung einer neuen Verfassung.
Sondergesandter Brahimi: Keine konkrete Lösung für Syrien in Sicht
Der neu ernannte UN-Sondergesandte für Syrien, Lakhdar Brahimi, äußerte sich dennoch skeptisch. Er habe noch keine konkreten Vorstellungen, wie der seit 18 Monaten andauernde blutige Konflikt zu lösen sei, erklärte Brahimi. Der gespaltene UN-Sicherheitsrat sei dabei das größte Problem. China und Russland nutzen ihr Vetorecht, um ein robustes Durchgreifen gegen das Assad-Regime zu blockieren.
Er könne nicht viel anders machen als sein Vorgänger Kofi Annan, sagte Brahimi. Es komme hingegen darauf an, wie die Mitglieder des Sicherheitsrates handelten. "Sie müssten mit einer Stimme sprechen und das, was ich in ihrem Namen tun soll, klar unterstützen. Das ist es, was ich brauche", betonte der ehemalige algerische Außenminister und langjährige UN-Diplomat.
Frankreich will syrische Regierung "austrocknen"
Unlängst hat sich auch der französische Außenminister Laurent Fabius zum Syrien-Konflikt geäußert: Frankreich wolle die syrische Führung unter Präsident Assad finanziell austrocknen. Dazu sollten Gespräche mit Russland geführt werden, sagte Fabius am Montag. Der Krieg koste die Regierung in Damaksu "ungefähr eine Milliarde Euro pro Monat". Ohne Unterstützung durch Russland oder den Iran könne Assad das nur noch wenige Monate durchstehen.
Fabius, der erneut die "unmenschliche" Führung in Damaskus kritisierte und Assad einen "Schlächter" nannte, schloss ein militärisches Eingreifen Frankreichs in den Konflikt aus. Auch eine Lieferung von Waffen an die Rebellen lehnte er erneut ab.
Konflikt wirkt sich zunehmend auf Jordanien und Libanon aus
Unterdessen kritisierte Jordanien einen syrischen Raketenangriff auf sein Territorium scharf. Die Regierung habe dem syrischen Botschafter in Amman am späten Sonntagabend einen Protestbrief überreicht. Das teilte Regierungssprecher Samih Maajtah am Montag mit.
Am Sonntag schlugen vier Raketen aus Syrien im jordanischen Grenzort Turra ein. Bei dem Beschuss wurde nach Regierungsangaben ein vierjähriges Mädchen verletzt, vier weitere Jordanier mussten wegen Panikattacken stationär behandelt werden.
Der bewaffnete Konflikt in Syrien wirkt sich außerdem zunehmend auf das Nachbarland Libanon aus. So verschleppten bewaffnete Schiiten im Libanon dutzende Syrer und zerstörten Geschäfte, um von syrischen Rebellen entführte Angehörige freizupressen. Die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar, Bahrain, Kuwait und Saudi-Arabien riefen ihre Bürger bereits zur Ausreise aus dem Libanon auf.
Papst hält an Libanon-Reise fest, Hilfswerke fordern Unterstützung
Trotz dieser Entwicklung hält der Papst an seiner Reise in den Libanon fest. Benedikt XVI. werde wie geplant vom 14. bis zum 16. September den Libanon besuchen. Das teilte Vatikansprecher Federico Lombardi am Montag mit. Das sogenannte Papamobil des Oberhaupts der katholischen Kirche sei bereits auf dem Weg nach Beirut.
Hilfsorganisationen fordern indes deutlich mehr Unterstützung für die Flüchtlinge aus Syrien. Mit dem bisher von der Bundesregierung zugesagten Budget von 11,5 Millionen Euro sei die "humanitäre Katastrophe" in und um Syrien nicht in den Griff zu bekommen. Das sagte Thomas Schwarz, der Medienkoordinator des Bündnisses "Deutschland Hilft", am Montag in Berlin. Von privaten Spendern erwartet Schwarz kaum Unterstützung, da diese von der unübersichtlichen Lage in Syrien abgeschreckt würden. (dapd/afp)