Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht hat seine Rechtsprechung geändert und lässt Kampfeinsätze der Bundeswehr gegen Terrorangriffe im deutschen Luftraum in engen Grenzen zu. Die Entscheidung erging im Plenum von beiden Senaten des Bundesverfassungsgerichts. Für CDU-Innenexperte Bosbach ist das Urteil keine Sensation.
Die Bundeswehr darf bei Terrorangriffen im Inland unter strengen Auflagen "militärische Kampfmittel" einsetzen. Dies entschied das gemeinsame Plenum aller Richter des Bundesverfassungsgerichts in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss. Das Gericht wich damit von einem Urteil des Ersten Senats von 2006 zum Luftsicherheitsgesetz ab.
Die gemeinsame Entscheidung aller Richter war nötig, weil der Zweite Senat auf die Klagen von Bayern und Hessen den Einsatz der Bundeswehr mit Kampfmitteln zur Unterstützung der Länder bei Katastrophen erlauben wollte.
Von Terroristen gekaperte Flugzeuge dürfen nicht abgeschossen werden
Dem Beschluss zufolge dürfen militärische Kampfmittel nur in äußersten Ausnahmefällen von "katastrophischem Ausmaß" eingesetzt werden. Von Terroristen gekaperte Flugzeuge mit Zivilisten an Bord dürfen aber weiterhin nicht abgeschossen, sondern allenfalls von Kampfflugzeugen mit Warnschüssen zur Landung gezwungen oder abgedrängt werden.
Über den Bundeswehreinsatz bei einem überregionalen Katastrophenzustand muss zudem auch in Eilfällen die Bundesregierung insgesamt entscheiden. Sie darf diese Aufgabe nicht an den Verteidigungsminister delegieren.
Für Bosbach ist das Urteil keine Sensation
Das Bundeswehr-Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist für den Vorsitzenden des Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), "keine juristische Sensation". Das Gericht erlaube bewaffnete Einsätze der Bundeswehr im Inland nur "in extremen Ausnahmesituationen", sagte Bosbach der WAZ-Mediengruppe. Damit werde die Bundeswehr "nicht zu einer Art Bereitschaftspolizei". Bosbach würdigte, mit dem Urteil habe das Gericht "Rechtsklarheit" geschaffen.
Amtshilfe bei Naturkatastrophen
Die Bundeswehr darf laut Grundgesetzartikel 87a grundsätzlich nur für die Landesverteidigung eingesetzt werden. Im Verteidigungs- und Spannungsfall kann die Bundesregierung die Streitkräfte jedoch zur Unterstützung der Polizei beim Schutz ziviler Objekte und bei der Bekämpfung "organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer" einsetzen. Selbst den Verkehr dürfen Soldaten dann regeln.
Den Einsatz der Truppe in normalen Zeiten regelt der Grundgesetzartikel 35. "Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe", heißt es dort. Ein Bundesland kann bei Naturkatastrophen oder bei einem "besonders schweren Unglücksfall" die Streitkräfte anfordern. Bei den Flutkatastrophen an Oder und Elbe etwa leisteten Bundeswehrsoldaten wertvolle Hilfe. Auf dem Wege der Amtshilfe kann die Polizei zudem auf die Ausrüstung der Streitkräfte zurückgreifen. Das ist etwa bei Suchaktionen schon mehrfach geschehen. (dapd/afp/waz)