Paris. . Der Ex-Präsident attackiert seinen Nachfolger Francois Hollande in der Syrien-Frage . In Paris gibt es bereits Spekulationen über Rückkehr Sarkozys an die UMP-Spitze.

Drei Monate lang hat Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy nach seiner Abwahl geschwiegen: keine Interviews, keine öffentlichen Auftritte. Stattdessen verreiste er mit Ehefrau Carla und Baby Giulia nach Marokko, Kanada und nun ins beschauliche Feriendomizil Cap Nègre an der Côte d’Azur. Ausgerechnet jetzt, mitten im kollektiven Dämmerschlaf, in den die Nation im Ferienmonat August traditionell verfällt, meldet sich der Staatsmann im Ruhestand polternd zu Wort. Er schreit auf wegen des Blutbades in Syrien und bezichtigt seinen Nachfolger Francois Hollande, auf fahrlässige Weise die Hände in den Schoß zu legen. Womöglich steckt weit mehr hinter diesem Vorstoß, denn „tout Paris“ spekuliert nun noch aufgeregter über ein Comeback des Politstars.

40 Minuten dauerte das Telefonat, das Sarkozy am Dienstagabend mit Abdel Basset Sayda, dem Chef der syrischen Opposition, führte. Das Kommuniqué, das die beiden danach verbreiteten, mündet in die unmissverständliche Aufforderung an die internationale Gemeinschaft, „in einer schnellen Aktion weitere Massaker zu verhindern“. Da Sarkozy klare Parallelen zieht zwischen der Situation in Libyen und Syrien, ist offenkundig, was er meint. Er will den syrischen Diktator mit Gewalt aus dem Amt zwingen - ähnlich wie bei jenem erfolgreichen Feldzug, den er selbst gegen den libyschen Machthaber Ghaddafi angeführt hatte.

„Wo ist eigentlich Frankreich in dieser Geschichte?“

Flankenschutz bekommt der in Tripolis als Befreier gefeierte Feldherr von seinen zahlreichen Getreuen. „Die abwartende Haltung des Präsidenten ist kriminell, Frankreich muss militärisch einschreiten“, verlangt etwa Philippe Juvin, der Generalsekretär der konservativ-liberalen UMP. Ex-Innenminister Brice Hortefeux wiederum fragt giftig: „Wo ist eigentlich Frankreich in dieser Geschichte?“. Und Nadine Morano, eine weitere Ex-Ministerin, lässt unterdessen den weitsichtigen und tatkräftigen Krisenmanager Sarkozy hochleben, indem sie seine erfolgreichen Missionen im Georgien-Krieg und im Bürgerkrieg an der Elfenbeinküste preist. Der Philosoph Bernard-Henri Lévy, eine Art intellektuelle Speerspitze in Sarkozys Libyen-Feldzug, reiht sich ebenfalls in den Chor der Kritiker ein und ätzt: „Die französische Diplomatie schein in Urlaub zu sein.“

Die überraschende Sarko-Schelte wirft die grundsätzliche Frage auf, ob und inwieweit sich ein Staatschef a. D. überhaupt in die aktuelle Politik einmischen darf. „Nun, es wird ungern gesehen, wenn ein ehemaliger Präsident die Bemühungen der französischen Diplomatie konterkariert“, sagt der Politologe und Verfassungsrechtler Didier Maus in einem Interview.

Vor kurzem Assad noch hofiert

Präsident Francois Hollande, der mit seiner Lebensgefährtin Valérie Trierweiler ebenfalls an der Côte d’Azur urlaubt, reagierte nicht persönlich auf die Stichelei seines Vorgängers. Er schickte lieber seine „Leutnants“ vor – zum Beispiel Außenminister Laurent Fabius. Dieser hebt ganz im Gegensatz zu Sarkozy die „eklatanten Unterschiede“ zwischen Libyen und Syrien hervor. Das Assad-Regime etwa verfüge über immense Waffenlager, darunter auch chemische Waffen. Außerdem habe bislang kein einziges Land einen militärischen Einsatz gegen Syrien gefordert. Gleichzeitig wirft Fabius dem Ex-Präsidenten vor, den syrischen Machthaber noch vor kurzem hofiert zu haben. Bei der Militärparade am Nationalfeiertag 2008 etwa habe Bachar al-Assad zu den Ehrengästen auf der Präsidententribüne gezählt. Und noch im Dezember 2010 sei er in Paris mit allen Ehren als Staatsgast empfangen worden, fügt die sozialistische Parteichefin Martine Aubry hinzu.

Im Januar, mitten in der heißen Phase des Wahlkampfs, hatte Noch-Präsident Sarkozy gegenüber Journalisten unerwartet sein Herz ausgeschüttet. „Wenn ich verliere, werdet Ihr nichts mehr von mir hören“, verkündete er auf einem Trip ins ferne Guyana. Ein hehres Versprechen, das er nicht lange halten sollte.

Sarkozy-Freunde in der konservativen UMP sind entzückt über dessen kräftiges Lebenszeichen. Das Wahlbündnis muss im Oktober einen neuen Parteichef küren. Zur Wahl stehen bislang nur Ex-Premier François Fillon und der amtierende Vorsitzende Jean-François Copé. Insgeheim hoffen viele, dass Sarkozy sein Comeback erklärt.