Berlin. Die Bundespolizei bekommt einen neuen Chef und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich dafür jede Menge Ärger. Der CSU-Politiker hat den bisherigen Behördenchef Matthias Seeger in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Die Opposition reagiert brüsk und auch der Geschasste kritisiert den Minister.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat den Chef der Bundespolizei, Matthias Seeger, in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Der abgelöste Polizeichef Seeger sagte der "Bild"-Zeitung laut Vorabbericht, es sei ein "einmalig würdeloser Vorgang, wie das BMI (Bundesinnenministerium) mit dem Führungspersonal der Bundespolizei" umgehe. Das sei "unehrenhaft und geradezu beschämend". Gegen ihn erhobene Vorwürfe wegen geheimer Kontakte zum weißrussischen Geheimdienst wies er als "kompletten Unfug" zurück. "Ich habe als Chef der Bundespolizei bis vor knapp zwei Jahren Kontakt zum weißrussischen Grenzschutz gehabt", sagte Seeger. "Diese Kontakte waren alle vom BMI gebilligt und gewünscht. Als sich das Land mehr und mehr zu einer Diktatur entwickelt hat, haben wir die Kontakte abgebrochen."

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast und ihr Innenexperte Wieland erklärten, nichts rechtfertige "diese Dramatisierung durch Friedrich mitten in der Sommerpause". Anders als beim Verfassungsschutz oder dem Bundeskriminalamt lägen bei der Bundespolizei "weder ein aktueller Skandal noch eine evidente Fehlleistung vor". Im Vorfeld seien Gerüchte über angeblich zu enge Beziehungen Seegers zur Polizei in Weißrussland lanciert worden. "Auf parlamentarische Nachfragen hin konnte die Bundesregierung nichts dazu konkretisieren. Dies alles riecht nach einer wohl gesponnenen Intrige", erklärten die Grünen.

Auch die Opposition kritisiert Friedrichs Umgang mit der Bundespolizei

Der SPD-Innenpolitiker Michael Hartmann sprach von einem miserablen Umgang mit der Bundespolizei. "Der Bundesinnenminister wird selbst zu einem Sicherheitsrisiko in einer Koalition, in der die innere Sicherheit ohnehin vor die Hunde geht", erklärte Hartmann. Die Innenexpertin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, erklärte, sowohl BKA als auch Bundespolizei "erhalten nun Vorgesetzte von Friedrichs Gnaden". Das erwecke den Eindruck, als wolle Friedrich die einst von Seeger abgelehnten Pläne für eine Fusion beider Polizeibehörden "durch die Hintertür umsetzen". Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, warf Friedrich vor, gegen die Bundespolizei werde "mit falschen Verdächtigungen" hantiert, "und zwar aus seinem Ministerium heraus".

Der Vorgang komme einer Enthauptung der mit 40.000 Mitarbeitern größten Polizeibehörde gleich, sagte der Grünen-Innenpolitiker Wolfgang Wieland am Montag. Er sprach von einer "wohl gesponnenen Intrige". Die SPD forderte, der CSU-Minister müsse sich "für seine fragwürdige Personalpolitik vor dem Parlament rechtfertigen". Die Linksfraktion warf Friedrich eine "Personalpolitik im Feudalherrenstil" vor. Der in den einstweiligen Ruhestand versetzte Behördenchef, Matthias Seeger, sprach selbst von einem "einmalig würdelosen Vorgang". Der neue Präsident der Bundespolizei wie auch seine beiden neuen Stellvertreter kommen allesamt aus dem Bundesinnenministerium.

Bundeskabinett soll am Mittwoch Seegers Nachfolger absegnen

Die Absetzung des Polizei-Präsidenten und seiner beiden Stellvertreter war aus Koalitionskreisen bekanntgeworden. Nachfolger an der Spitze der Behörde soll Dieter Romann werden, bisher im Innenministerium Referatsleiter Terrorismusbekämpfung. Auch seine beiden Stellvertreter Jürgen Schubert und Franz Palm sind Beamte im Innenministerium. Das Kabinett soll am Mittwoch zustimmen. Zu den Aufgaben der Bundespolizei gehören der Grenzschutz, die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität sowie der Schutz der Bahnanlagen und Flughäfen.

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Von Dietmar Seher

Friedrich habe am Montagvormittag mit Seeger und dessen bisherigen Stellvertretern im Ministerium gesprochen, teilte ein Ministeriumssprecher mit. Seeger sei "ohne Angabe von Gründen" in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Den beiden Stellvertretern des abgelösten Präsidenten, Wolfgang Lohmann und Michael Frehse, würden neue Aufgaben zugewiesen. Über die Gründe hüllte sich der Sprecher in Schweigen. Ein Minister könne Personal ohne Angabe von Gründen umsetzen: "Das ist sein gutes Recht." Die geplante Ernennung Romanns bestätigte er indirekt vor Journalisten in einer Antwort auf die Frage, ob es Reformpläne für die Behörde gebe: "Nun geben Sie mal dem neuen Bundespolizei-Präsidenten Romann ein bisschen Zeit, nochmal sich in die Abläufe dort einzuarbeiten", sagte der Sprecher.