Essen. . Mit der Sado-Maso-Trilogie “Shades of Grey“ einer britischen Journalistin macht die Verlagsgruppe Weltbild gute Geschäfte – nicht ohne den Hinweis: „Wir wollen als Weltbild nichts tun, die Verbreitung dieses Titels zu fördern.“ Klare Kante zeigt der katholische Konzern dagegen beim Aufklärungsbuch „Make Love“: Das wird nicht verkauft. Was dem munteren Werk offenbar nicht schadet.
Weltweit ist das Buch aus dem US-Verlag Random House ein Renner: 20 Millionen Exemplare von „Shades of Grey“ sollen inzwischen verkauft worden sein, in vielen Bestseller-Listen steht die Sado-Maso-Trilogie der britischen Autorin E.L. James ganz oben. Angesichts solcher Rekordzahlen mag sich auch die Weltbild-Verlagsgruppe in Augsburg nicht aus dem Bombengeschäft verabschieden: Der katholische Konzern bietet erfolgreich Band eins der umstrittenen Frauen-Geschichte "Shades of Grey" über die Lust an der Unterwerfung an, als Taschenbuch oder als unscheinbarer Datensatz fürs E-Book.
Ganz streng geht der Konzern dagegen mit einem neuen Aufklärungsbuch für Teenager um: „Make Love“ aus dem Berliner Verlag Rogner und Bernhard muss draußen bleiben. Das 226-Seiten-Buch von Ann-Marlene Henning und Bremer-Olszewski über „Sex, wie er wirklich ist“ wird seit Juni in ganz Deutschland gut verkauft – nur nicht über Weltbild.
1,6 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2011, 80 Millionen Gewinn
Der ist bekanntlich im Besitz der katholischen Kirche: Zwölf Diözesen, der Verband der Diözesen Deutschlands und die katholische Soldatenseelsorge Berlin halten die Anteile an der Verlagsgruppe, die im Jahr 2011 mehr als 1,6 Milliarden Euro umsetzte. Der Bilanzgewinn erreichte nach Angaben des Marktforschungsinstituts GfK rund 80 Millionen Euro.
In den letzten Jahren hatte der Konzern wiederholt für Schlagzeilen gesorgt, weil erzürnte Bischöfe und Laien forderten, dass tausende erotische (Schmuddel-)Bücher aus dem Programm genommen werden. Selbst Papst Benedikt äußerte sich deutlich in diese Richtung. Dieser Weisung ist der Konzern bis heute nicht gefolgt – macht vielmehr weiter Kasse mit dem Millionenseller "Shades of Grey" der Britin. Betont wird aber auf der Internet-Seite: „Wir sehen das Buch als sehr problematisch an.“
„Dieses Buch ist omnipräsent am Markt“
In einer Stellungnahme für die WAZ-Mediengruppe heißt es: „Dieses Buch, erschienen in einem Verlag des Hauses Bertelsmann, ist omnipräsent im gesamten Markt. Diese Präsenz entzieht sich unserer Einflussnahme. Wir wollen als Weltbild nichts tun, die Verbreitung dieses Titels zu fördern“, schreibt die Verlagssprecherin Eva Großkinsky. Und weiter: „Die hier dargestellte Unterwerfung der Frau widerspricht unserem Menschen- und Weltbild zutiefst. Deshalb distanzieren wir uns als Buchhändler inhaltlich von diesem Titel und geben kritischen Stimmen Raum. Wer allerdings das Buch in Kenntnis dieser Problematik erwerben will, kann dies über eine gezielte Suche im Onlineshop tun oder es in der Filiale bestellen.“
„Verharmlosender Umgang mit dem Thema Abtreibung“
Bei einem klaren Nein bleibt sie dagegen in Sachen „Make Love“. Dieses Bändchen wird gar nicht erst ins Vertriebsprogramm aufgenommen, entschieden die Verantwortlichen frühzeitig. Ein Buch, das Jugendliche einfühlsam, aber in unverkrampftem Klartext über Zungenküsse, Selbstbefriedigung, Untreue, Hepatitis B, Pilzinfektionen und viele weitere Fragen rund um Sexualität informiert. Und das offenbar auch interessierten Eltern noch Neues bieten kann. Es wird verkauft in Buchläden oder über große Online-Anbieter wie Amazon. Nur nicht über den Weltbild-Verlag.
Begründung der Verlagssprecherin: „Wir führen dieses Buch nicht in unserem Sortiment, weil Kinder und Jugendliche negativ beeinträchtigt werden können. Exemplarisch hierfür ist ein verharmlosender Umgang mit dem Thema Abtreibung. Unsere kritische Haltung gegenüber dem Buch Shades of Grey haben wir deutlich gemacht. Wer in Kenntnis dieser Problematik den Roman erwirbt, tut dies in eigener Verantwortung. Ein Aufklärungsratgeber für Kinder und Jugendliche ist mit einem fiktionalen Inhalt nicht zu vergleichen.“
60 000 Bücher sind gedruckt, die nächste Auflage kommt
Das Argument „Verharmlosender Umgang mit dem Thema Abtreibung“ will Stella Haffmans, Sprecherin des Verlages Rogner und Bernhard, nicht stehenlassen. „Gerade das Thema ungewollte Schwangerschaft und wie junge Leute damit umgehen können, ist sehr sensibel geschrieben“, sagte sie der WAZ-Mediengruppe auf Anfrage. Dass ein gutes Aufklärungsbuch „ohne Angabe von Gründen vom Verkauf ausgeschlossen wird, sei nicht gut. Zitiert dazu unverdächtige Leser wie Welt-kompakt, die in einer Rezension urteilte: „Make Love ist das wohl erste wirklich coole Aufklärungsbuch für Jugendliche. Es ist witzig, hat Stil und ist auch etwas für Erwachsene.“
Geschadet hat der Rummel um die ‘Aussperrung’ ihrem Buch aber nicht – es passiert eher das Gegenteil. Mit 60 000 gedruckten Exemplaren sei „Make Love“ bereits ein „sensationeller Erfolg“ für den Verlag, die nächste Auflage ist bereits im Druck. Haffmans: „Insgesamt: Wir freuen uns sehr über diesen Erfolg.“