Berlin. . Die Stimmen in der CDU mehren sich, die das Elterngeld auf den Prüfstand stellen wollen. Jetzt sprach sich auch Unionsfraktionschef Volker Kauder dafür aus. Anlass für die Diskussion sind die weiter sinkenden Geburtenzahlen. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder hält dagegen.

Das sollte eigentlich eine gute Nachricht für künftige Mütter und Väter sein: Die Wartezeit auf das Elterngeld wird verkürzt, so beschloss es der Bundesrat gestern. Eine Pauschalierung von Steuern und Abgaben soll die Berechnung des Lohnersatzes in der Babypause vereinfachen - die Zahlung zwischen 300 und 1800 Euro monatlich soll auch in komplizierten Fällen rasch nach der Geburt gesichert sein.

Doch ob die kleine Reform noch viel bringt, ist plötzlich offen: Bei Union und FDP wird die Abschaffung des 2007 von der Großen Koalition eingeführten Elterngeldes neu diskutiert. In der CDU fühlen sich konservative Politiker um Unions-Fraktionschef Volker Kauder, der nie ein Freund des Elterngelds war, von einer neuen Geburtenstatistik bestätigt.

Weniger Geburten

Danach bringen die staatlichen Transfers keinen Zuwachs bei den Geburten, im Gegenteil: Die Zahl der Neugeborenen ist 2011 noch einmal um 2 Prozent gesunken. „Eine Momentaufnahme“, räumt Kauder ein, schnelle Entscheidungen seien deshalb falsch. Aber: In der nächsten Wahlperiode müsse die Leistung überprüft werden.

Kauder drückt sich vorsichtig aus, doch die Kritiker des Elterngelds wittern Morgenluft. „Gut, dass die Politik die Fakten wahrnimmt“, sagt etwa der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel. Angesichts der Geburtenzahlen sei das Elterngeld gescheitert, die Anreize für Paare hätten nichts gebracht.

Auch FDP will eine Reform

Auch bei FDP-Familienpolitikern rennt Kauder offene Türen ein: Die Liberalen setzen ohnehin auf eine grundlegende Neubewertung der familienpolitischen Leistungen, 2013 will die Regierung endlich fundierte Zahlen vorlegen. Wenn die zur Verfügung stehen, müsse über eine effektivere Familienförderung diskutiert werden, sagt FDP-Fraktionsvize Miriam Gruß unserer Zeitung: „Deutschland gibt jährlich gut 195 Milliarden Euro für ehe- und familienbezogene Leistungen, das ist im internationalen Vergleich beträchtlich, zumal bei unserer niedrigen Geburtenrate.“

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Von Sigrid Krause

Einige FDP-Politiker würden gern Zahlungen an Eltern zusammenfassen, als früherer FDP-General hat Christian Lindner auch schon mal das Aus für das Elterngeld gefordert. Die Kritiker in der Koalition haben dabei auch die Haushaltslasten im Blick. Das Elterngeld wird so gut angenommen - praktisch jede Mutter und inzwischen auch jeder vierte Vater nutzt es wenigsten für ein paar Monate - , dass 2012 bei den Kosten die 5-Milliarden-Euro-Grenze geknackt werden dürfte.

Verwirrung in der Union

Für die Regierung ist das bislang noch kein Grund für eine Kehrtwende. Die zuständige Familienministerin Kristina Schröder (CDU) versicherte umgehend, das Elterngeld stehe nicht in Frage. Eigentliche Ursache des Geburtenrückgangs sei die abnehmende Zahl der Mütter im gebärfähigen Alter. An ihrer Seite weiß Schröder die Frauenpolitiker der Union, deren Chefin die Merkel-Vertraute Maria Böhmer ist.

Die Verwirrung in der schwarz-gelben Familienpolitik ist bereits perfekt, die Konservativen in der Union haben ein neues Thema: Das umstrittene Betreuungsgeld für Eltern, die ihre ein- bis dreijährigen Kinder selbst daheim betreuen wollen, hat die Koalition noch nicht beschlossen - da steht die längst etablierte Zahlung für die Babyzeit vom 1. bis zum 14. Monat wieder zur Disposition.

Kritiker lassen nicht locker

SPD-Vize Manuela Schwesig sagt: „Die wiederholten Angriffe der Union auf das Elterngeld zeigen, dass sie von der Leistung nie überzeugt war - die SPD hat es gegen den Willen von CDU und CSU durchsetzen müssen, insbesondere die Väter-Monate“. Um die Geburtenrate sei es dabei nie gegangen, stellt Schwesig klar, die Zahlung sollte jungen Müttern und Vätern eine Auszeit zugunsten der Kinder ermöglichen.

Doch die Kritiker werden nicht locker lassen. In der nächsten Wahlperiode müssten Konsequenzen gezogen werden, sagt Steuerzahler-Präsident Holznagel. Notwendig sei jetzt eine „sehr kritische Diskussion über die Familienpolitik und ihre verfehlten Ziele“. Wer die Leistungen durchforste, erkenne schnell: „Viel hilft viel - das gilt hier nicht.“