Düsseldorf. . Die einen sind die Aufsteiger des Jahres, die anderen die Absteiger – beide müssen sich knapp zwei Monate nach der Landtagswahl in NRW personell neu sortieren. Gegensätzlicher als bei Piraten und Linken könnte die Ausgangslage vor ihren Parteitagen kaum sein.
Während bei der Piratenpartei – Stand gestern – nicht weniger als acht Kandidaten dem Landesvorsitzenden Michele Marsching das Spitzenamt streitig machen, wirft das linke Führungsduo hin. Nach dem Absturz auf 2,5 Prozent treten Katharina Schwabedissen und Hubertus Zdebel nicht mehr an.
Ob sich für Marsching in Dortmund das Schicksal wiederholt? Bei der Wahl des Spitzenkandidaten für die Landtagswahl war der 33-jährige IT-Unternehmer, der seit Anfang 2011 Chef-Pirat ist, überraschend gescheitert. Damals hatte es Bedenken in der Partei gegen eine drohende Ämterhäufung gegeben. Nicht von ungefähr wirbt Marsching, der inzwischen im Landtag sitzt, für seine neue Doppelfunktion: „Ich möchte nicht den Bruch zwischen Landesverband und Fraktion riskieren.“
Wieder kommen bei den Piraten kaum Frauen an Deck. Die neun Kandidaten für den Vorsitz sind eine lupenreine Männerriege, und auch für den einzigen Vize-Posten interessiert sich nur eine Bewerberin. Das Etikett der Technik- und Nerdpartei schreckt viele Frauen offenbar ab, auch in der 20-köpfigen Landtagsfraktion sind sie mit drei Abgeordneten eine Rarität. Dem Boom bei den Mitgliedern tut das keinen Abbruch. Seit Ende 2011 verdoppelte sich ihre Zahl in NRW auf 5800.
Kandidaten ohne Parteibuch?
Um den Zulauf ehrenamtlich „stemmen“ zu können, berät der Parteitag über eine Vergrößerung des Landesvorstands. Wie immer gibt es bei den Piraten kein Delegiertensystem: wer kommt, darf wählen. Voraussetzung ist allein das Parteibuch. Um dem Ruf der „Mitmachpartei“ gerecht zu werden, sieht ein Antrag vor, auch Nicht-Piraten als Direktkandidaten für Bundestags- oder Landtagswahlen zuzulassen.
Ganz andere Sorgen hat die Linkspartei, die in Münster ihren neuen Landesvorstand wählt. Nach dem Wahldebakel, berichten Insider, habe es intern „unfeine Angriffe“ auf Spitzenkandidatin Katharina Schwabedissen gegeben. Teile der Partei gaben ihr die Alleinschuld an der Niederlage. Andere fühlten sich übergangen, als die Wittenerin „an den Gremien“ vorbei ihre Kandidatur für den Bundesvorsitz erklärte.
Politisch will die Linke den Neustart versuchen. Dabei muss sie auch finanziell zurückstecken. Nach dem knapp zweijährigen Intermezzo im Landtag wird die neue Parteiführung wieder ehrenamtlich arbeiten müssen. Die 1000 Euro pro Monat, die jeder der elf Landtagsabgeordneten bisher von seinen Diäten als Spende an die vierköpfige Vorstandsspitze abführte, fallen künftig weg.
Sagel wirft Hut in den Ring
Für die Nachfolge Zdebels als Parteichef kündigte gestern Finanzexperte Rüdiger Sagel seine Kandidatur an. Er tritt gegen Michael Aggelidis an, der zur Antikapitalistischen Linken zählt. Dem dritten Bewerber, Bernd Horn, werden kaum Chancen eingeräumt. Bei den Frauen bewirbt sich die frühere Landtagsvizepräsidentin Gunhild Böth, die keiner Strömung zugerechnet wird, gegen Karina Ossendorff. Insgesamt konkurrieren 35 Kandidaten um 24 Vorstandsposten.