Ankara. . Die Nato reagiert auf den Abschuss eines türkischen Kampfjets durch die syrische Armee. Der Nordatlantikrat werde am Dienstag in Brüssel in einer Krisensitzung über den Fall beraten, sagte eine Sprecherin am Sonntag. Die türkische Regierung geht davon aus, dass der Jetz in internationalem Luftraum abgeschossen wurde.
Nach dem Abschuss eines türkischen Kampfjets durch die syrische Armee will die Nato zu einer Krisensitzung zusammenkommen. Der Nordatlantikrat werde am Dienstag in Brüssel auf der Grundlage von Artikel 4 des Nato-Vertrags über den Fall beraten, sagte eine Sprecherin des Bündnisses am Sonntag. Die türkische Regierung geht nach ersten Untersuchungen zu dem Vorfall vom Freitag vom Abschuss des Flugzeugs in internationalem Luftraum aus.
Die Zusammenkunft mit den Nato-Partnern sei für Dienstag geplant, hieß es auch aus türkischen Diplomatenkreisen. Artikel 4 des Nato-Vertrags sieht ein Treffen des Nato-Rats vor, wenn ein Mitglied "die Unversehrtheit des Gebiets" bedroht sieht. Die Nato-Sprecherin sagte, bei dem Treffen der 28 NATO-Mitgliedstaaten solle die Türkei über den Abschuss des Flugzeugs Bericht erstatten.
Türkische Zeitung: "Dafür werden sie bezahlen"
Für die Zeitung "Vatan" stand am Tag nach dem Abschuss eines türkischen Militärflugzeugs durch Syrien fest, dass Ankara heftig reagieren wird: "Dafür werden sie bezahlen", titelte das Blatt am Samstag. Die Türkei, die über die zweitstärkste Streitmacht der Nato verfügt, werde den Angriff der Syrer auf das unbewaffnete Flugzeug nicht unbeantwortet lassen, war sich "Vatan" sicher. Tatsächlich kündigte die türkische Regierung "notwendige Schritte" an. Verbal bemühte sie sich zwar um Zurückhaltung. Doch für Dienstag rief Ankara seine 27 Nato-Partner zu einer Krisensitzung in Brüssel zusammen.
Die syrischen Streitkräfte hatten den türkischen Kampfjet am Freitag auf einem Aufklärungsflug nahe Latakia vor der syrischen Küste abgeschossen. Nach syrischen Armeeangaben war ein "nicht identifiziertes Ziel" ausgemacht worden, das mit hoher Geschwindigkeit und in geringer Höhe in den syrischen Luftraum über dem Mittelmeer eingedrungen war.
Kampfjet-Wrack auf dem Meeresgrund geortet
Die Suche türkischer und syrischer Einheiten nach den beiden vermissten türkischen Piloten der Maschine blieb zunächst erfolglos. Am Sonntag wurde das Wrack des Flugzeugs einem TV-Bericht zufolge auf dem Meeresgrund geortet.
In den Stunden nach Bekanntwerden des Zwischenfalls vom Freitag fiel Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan - ein Politiker, der sonst kein Blatt vor den Mund nimmt - durch seine vorsichtige Wortwahl auf. Nein, es sei nicht klar, was eigentlich genau geschehen sei, sagte Erdogan. In einer schriftlichen Stellungnahme nach einer Krisensitzung von Regierung und Militärführung in der Nacht wurde jedoch bestätigt, dass der Militärjet von den Syrern abgeschossen worden war.
Am Samstag trat Vizeregierungschef Bülent Arinc dem Eindruck entgegen, die Türkei rüste zum Rachefeldzug gegen den südlichen Nachbarn. Natürlich handle es sich um einen ernsten Vorfall, sagte Arinc. Aber er setzte hinzu: "Wir müssen ruhig bleiben." Die Suche nach den vermissten Piloten lief auch am Sonntag weiter - mit Hilfe Syriens, wie Ankara betonte. Syrien erklärte, erst nach dem Abschuss sei festgestellt worden, dass es sich um ein türkisches Flugzeug gehandelt habe. Das Wrack wurde laut einem Medienbericht inzwischen auf dem Meeresgrund geortet.
Ausrufung des Nato-Bündnisfalls ist unwahrscheinlich
Dass die Syrer ohne Umschweife zu den Waffen griffen, gehörte aus türkischer Sicht zu den unheilverheißenden Aspekten des Abschusses. Im April hatten syrische Soldaten über die gemeinsame Landgrenze hinweg auf türkisches Territorium geschossen und dabei zwei syrische Flüchtlinge getötet. Bereits damals hatte Erdogan die Syrer öffentlich daran erinnert, dass die Türkei Mitglied der Nato sei, in der das Prinzip des Beistands für einen bedrohten Bündnispartner gelte. Diesen Beistand will Ankara nun offenbar einfordern - in welcher Form auch immer.
Es ist unwahrscheinlich, dass der Vorfall ausreicht, um die Nato zu einer Ausrufung des Bündnisfalls zugunsten der Türkei zu bewegen. Hinzu kommt, dass Außenminister Ahmet Davutoglu inzwischen davon ausgeht, dass die Maschine kurzzeitig in syrischen Luftraum eindrang. Rund 15 Minuten danach sei er abgeschossen worden und in syrische Gewässer gestürzt. Der unbewaffnete Jet sei aber nur auf einer Übungsmission unterwegs gewesen, versicherte der Minister. Aus Syrien sei vor dem Abschuss keine Warnung gekommen. "Keiner darf die Sicherheit der Türkei bedrohen", sagte Davutoglu. Die Spannungen zwischen der Türkei und Syrien dürften erst einmal weiter steigen - besonders wenn die beiden türkischen Piloten tot geborgen werden. (afp)