Tokio. Nach der vorläufigen Abschaltung sämtlicher Atomkraftwerke in Japan hat Regierungschef Yoshihiko Noda die Wiederaufnahme des Betriebs von zwei Reaktoren angeordnet. Der Entscheidung vom Samstagmorgen war eine Sitzung mit den zuständigen Ministern vorausgegangen, in deren Verlauf Noda von den örtlichen Behörden der Provinz Fuki grünes Licht erhalten hatte, wie japanische Medien berichteten.
Nach der Abschaltung aller Atomkraftwerke des Landes
fährt Japan erstmals wieder zwei Reaktoren hoch.
Die Regierung in Tokio billigte am Samstag die Inbetriebnahme der beiden
Atomreaktoren in der westjapanischen Stadt Ohi. Wegen der Atomkatastrophe von
Fukushima im vergangenen Jahr waren schrittweise alle 50 Reaktoren des Landes
vom Netz genommen worden. Die Entscheidung zu einem Neustart der Reaktoren, der
in einigen Wochen vollzogen sein soll, könnte auch die Wiederaufnahme des
Betriebs in anderen Kernkraftwerken beschleunigen.
Die japanische Bevölkerung steht nach Fukushima einer Rückkehr zur
Atomkraft zunehmend kritisch gegenüber, wie jüngste Umfragen gezeigt haben. Vor
dem Büro von Ministerpräsident Yoshihiko Noda protestierten am Samstag
Atomkraftgegner gegen die Entscheidung der Regierung. Diese will möglichst rasch
wieder Reaktoren aktivieren, um zu verhindern, dass es in den Sommermonaten zu
Energieengpässen kommt. Die Atomkraftwerke waren nach der Fukushima-Katastrophe
alle wegen Wartungsarbeiten beziehungsweise Sicherheitsprüfungen vom Netz
genommen worden. Die Reaktoren in Ohi haben der Regierung zufolge diese Tests
bestanden.
"Die Sicherheit ist unsere größtes Anliegen", sagte Handels- und
Industrieminister Yukio Edano am Samstag. "Wir haben dem Beginn einer
Wiederinbetriebnahme zugestimmt." Es werde noch einige Zeit dauern, bis die
Reaktoren Elektrizität erzeugten, erklärte Edano. Die Bevölkerung rief er daher
auf, Strom zu sparen. Im Falle von Sicherheitsproblemen könne der Prozess
verzögert werden.
Ministerpräsident Noda verkündete die Zustimmung der Regierung erst,
nachdem sowohl der Bürgermeister von Ohi, als auch der örtliche Gouverneur sich
öffentlich dafür ausgesprochen hatten.
Die Region um Ohi war vor Fukushima besonders stark auf Atomenergie
angewiesen gewesen. Der Kraftwerksbetreiber Kansai Electric Power (Kepco)
erklärte, dass die Inbetriebnahme der beiden Reaktoren nötig sei, um eine
Energieknappheit in der zweitgrößten japanischen Stadt Osaka und anderen
Regionen im Westen Japans zu verhindern. Der Energiebedarf wird nach Angaben von
Kepco Ende Juli oder Anfang August seinen Höhepunkt erreichen. Deshalb müsse
sofort mit den Arbeiten zum Neustart der Reaktoren begonnen werden. Bis der
erste Reaktor wieder am Netz ist, dürfte es demnach drei Wochen dauern.
Bei dem schweren Erdbeben und dem Tsunami am 11. März 2011 war das
Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi verwüstet worden. Explosionen, Kernschmelzen und
das Austreten von radioaktivem Material waren die Folge. Zehntausende Anwohner
mussten ihre Häuser in der Evakuierungszone rund um das Kraftwerk verlassen, der
Zutritt ist wegen der Gefahr radioaktiver Strahlung weiterhin verboten. (afp/dapd)