Berlin. Der damals zuständige Staatsanwalt Walter Kimmel hat Fehler bei den Ermittlungen bei der Mordserie von ausländischen Unternehmern bestritten. Im Rechtsterror-Untersuchungsausschuss wurde nun bekannt, dass die Ermittler eine Döner-Bude betrieben, um kriminelle Verbindungen der Opfer zu finden.
Empörung über Ermittlungen zur NSU-Mordserie: Bei der Zeugenbefragung im Rechtsterror-Untersuchungsausschuss des Bundestages haben Abgeordnete die Arbeit der Beamten scharf kritisiert. Er habe nach der Aussage des damals zuständigen Oberstaatsanwalts Walter Kimmel den Eindruck einer "organisierten Unverantwortlichkeit" gewonnen, sagte CDU-Obmann Clemens Binninger am Donnerstag in Berlin. Der Grünen-Abgeordnete Wolfgang Wieland resümierte: "Zu viele Köche haben den Brei verdorben."
Die rechtsterroristische Gruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) war im November 2011 aufgeflogen. Ihr werden bundesweit zehn Morde zur Last gelegt. Der Untersuchungsausschuss versucht herauszufinden, warum die Ermittlungen zur Mordserie über ein Jahrzehnt lang erfolglos verlief.
Bei der Befragung des damals zuständigen Oberstaatsanwalts sei erneut deutlich geworden, dass die Ermittlungen eine "Schieflage" hatten, kritisierte SPD-Obfrau Eva Högl. Die Hypothese eines rechtsextremistischen Hintergrunds der Täter sei nicht "vergleichbar engagiert" verfolgt worden wie die Theorie von der Verwicklung der Opfer in die Organisierte Kriminalität.
Getarnter Döner-Stand
Ein Beispiel sei eine sehr aufwendige verdeckte Ermittlung in einem eigens eingerichteten Dönerstand, sagte Högl. Etwa ein halbes Jahr lang sei der Imbiss in Nürnberg betrieben worden, hatte Oberstaatsanwalt Kimmel berichtet. Das Ziel sei gewesen, festzustellen, ob es bei Kontakten etwa mit Lieferanten zu "Auffälligkeiten" komme, ob es also Verbindungen zur Organisierten Kriminalität gibt. Die Abgeordneten reagierten erstaunt, weil diese verdeckte Operation bislang nicht in den Akten aufgetaucht war.
Kritisiert wurde auch der Vorsitzende Sebastian Edathy (SPD). Er hatte die Existenz des Dönerstands offenbar am Mittwoch vom Ermittlungsbeauftragten, der im Auftrag des Ausschusses Akten sichtet, exklusiv bestätigt bekommen. Die Fraktionen erfuhren von der verdeckten Ermittlung lediglich in einer Note. Ausschussmitglieder bemängelten, der SPD-Politiker habe ihnen Informationen vorenthalten. Nach einer klärenden außerplanmäßigen Unterbrechung stichelte der FDP-Politiker Hartfrid Wolff: "Der Vorsitzende hat uns zugesagt, dass er uns von nun an alle Informationen zügig zukommen lässt."
Staatsanwalt will "alles Menschenmögliche getan" haben
Kimmel bestritt indes, bei den Ermittlungen Fehler gemacht zu haben. "Wir haben in keiner Weise etwas bewusst nicht ermittelt oder weggelassen", sagte der Nürnberger Oberstaatsanwalt. "Wir haben aus der Sicht von damals alles Menschenmögliche getan." Zuvor hatten Abgeordnete kritisiert, dass die Staatsanwaltschaft die Mordserie nicht an das Bundeskriminalamt abgegeben hatte.
Die Bundesbehörde selbst hatte 2004 und 2006 angeraten, die auf mehrere Bundesländer verteilten Ermittlungen zu zentralisieren. Doch das hätte eine Staatsanwaltschaft beantragen müssen. "Aber wir hatten keine Spur, die eine Zuständigkeit von Bundeskriminalamt oder Generalbundesanwalt begründet hätte", sagte Kimmel.
Die Abgeordneten scheint das nicht überzeugt zu haben. "Ohne neue Bewertung der behördlichen Zuständigkeiten dürfen wir die Sache nicht zu den Akten geben", sagte Clemens Binninger. (dapd/afp)