Essen. . Bei der Lösung der dringendsten Probleme in der Schule sind sich Eltern und Lehrer aller Schulformen in Nordrhein-Westfalen nach einer Umfrage von der Westen einig wie sonst eigentlich nie: Kleinere Klassen, mehr Lehrer, Sozialarbeiter und Schulpsychologen sowie mehr Fortbildung müssen her.
Das Unterrrichten ist in den letzten fünf bis zehn Jahren deutlich schwerer geworden, klagen Lehrer in der jüngsten Allensbach-Umfrage. Als Hauptgrund für die verschlechterten Arbeitsbedingungen nannten die Lehrer ihre Schüler, bei denen Motivation (an weiterführenden Schulen) und Disziplin (an allen Schulformen) abgenommen hätten. Allerdings suchen die Lehrer die Schuld nicht in erster Linie bei den Schülern. Im Gegenteil
Auch die Förderung durch die Eltern ist demnach unterm Strich weniger, der Kontakt zu den Eltern schwieriger geworden. Die im Rahmen der Studie befragten Eltern fanden, dass Lehrer auf Disziplinlosigkeit der Kinder oft zu lasch reagierten. Vor allem Befragte mit eher geringer Bildung wünschten sich ein härteres Durchgreifen.
Ulrich Trautwein, Bildungsforscher an der Uni Tübingen, kommt in seiner Bilanz der Studie aber zu einem anderen Schluss: „Disziplinprobleme lassen sich am besten über Motivation lösen.“
Es braucht Entlastung, auch von außen
Bei der Lösung der grundlegenden Disziplin- und Motivationsprobleme herrscht nach einer Umfrage der WAZ unter Lehrer- und Elternvertretern verschiedenster Schulformen erstaunliche Einigkeit: Es braucht Entlastung. Durch mehr Lehrer und kleinere Klassen. Aber auch von außen in Form von Sonderpädagogen, Sozialarbeitern und Schulpsychologen.
Die können nicht nur die zunehmend in die Schulen getragenen Erziehungsaufgaben besser übernehmen, sondern auch zwischen Eltern und Lehrern vermitteln, so Brigitte Balbach vom Verband Lehrer NRW.
Unterrichtsausfall in NRW nicht so wesentlich
Die Ursache für die sinkende Fähigkeit, sich an Regeln zu halten, sehen die meisten Eltern und Lehrer in verstärkter Berufstätigkeit der Eltern, weniger Zeit und Regelmäßigkeit im Alltag sowie im Fehlen von Geschwisterkindern. Und Familien mit Migrationshintergrund sei oft das deutsche Schulwesen schlicht fremd.
Neben den Disziplinproblemen sind für 75 Prozent der von Allensbach befragten Lehrer vor allem zu große Klassen das Hauptproblem, für Eltern bundesweit dagegen eher der hohe Unterrichtsausfall. In NRW beklagten auch die Eltern besonders die Klassengrößen.
Schülervertreter klagen über Ökonomisierung von Schule
Schülervertreter bemängeln die „zunehmende Ökonomisierung von Schule. Es geht immer mehr darum, Schüler fit für den Arbeitsmarkt zu machen, Assessment-Center stehen im Mittelpunkt statt auch Stärken zu suchen und zu fördern, die nicht direkt auf den Arbeitsmarkt zugeschnitten sind,“ erklärt Berit Paul (18) vom Vorstand der Landesschülervertretung (LSV) NRW. Nach Überzeugung der LSV wäre die beste Lösung eine integrierte Gesamtschule für alle mit individuellen Förderangeboten.
Ilse Führer-Lehner, Bildungsreferentin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, fordert – ähnlich wie Udo Beckmann vom Verband Bildung und Erziehung – neben mehr Fortbildung, kleineren Klassen und Unterstützung von außen auch einen früheren Start ins Bildungsleben. „Wer zu Hause nicht gefördert wird oder werden kann, aber ab drei Jahren in den Kindergarten geht, der hat viel bessere Chancen.“
Denn auch dies ist ein Ergebnis der Allensbach-Umfrage: 90 Prozent der Lehrer sind überzeugt, dass die soziale Herkunft den Lernerfolg der Schüler beeinflusst. 60 Prozent glauben sogar, dass die Herkunft immer stärker den Bildungserfolg bestimmt.
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