Essen. . Die Diskriminierungsdebatte spaltet auch die NRW-Piraten. Wie stark soll sich der Bundesvorstand einmischen? NRW-Landesvorstand Marsching sieht zwar die Basis in der Pflicht, gegen rassistische und sexistische Tendenzen in der Partei vorzugehen. Dennoch schaltete sich der Landesvorstand öffentlich ein.

Die Piratenpartei schwimmt in den Umfragen von Erfolgswelle zu Erfolgswelle. In einer am Dienstag veröffentlichten Wählerumfrage schaffen sie 13 Prozent und überflügeln erstmals sogar die Grünen. Doch parteiintern ist die Welt längst nicht so eitel Sonnenschein. Seit dem Wochenende tobt in der Partei eine hitzige Debatte über den Umgang mit diskriminierenden und rassistischen Meinungen – angestoßen in einem offenen Brief der Jungen Piraten.

Für Joachim Paul, Spitzenkandidat der Piraten zur Landtagswahl in NRW, kommt sie zur Unzeit. Eigentlich wollten die Piraten hierzulande eigene politische Themen im Landtagswahlkampf setzen. Doch nun holt sie eine Diskussion ein, die so alt ist, wie die Piraten selbst. „Die Partei lebt und wir werden sie offen führen müssen“, so Paul. Aus seiner Sicht ist es normal, dass eine Partei wie die Piraten Sammelbecken vieler verschiedener Meinungen ist. „Wir müssen lernen, damit umzugehen“, sagte er. Allerdings sei es nicht Aufgabe des Vorstands, in eine solche Diskussion einzugreifen. „Der Vorstand hat Stellung bezogen und damit ist auch gut“, so Paul.

Ex-Landesvorsitzende über Pressemitteilung empört

Er bezog sich dabei auf eine Pressemitteilung des Bundesvorstandes, die die Debatte am Montag zusätzlich angeheizt hatte. In dieser tat der stellvertretende Pressesprecher Aleks Lessmann rassistische oder sexistische Äußerungen als Meinung einzelner „Idioten“ in der Partei ab, die der Bundesvorstand nicht kontrollieren könne und wolle.

NRW-Piratin Birgit Rydlewski hätte sich jedoch ein klareres Bekenntnis des Vorstandes gegen Rassismus und Diskriminierung gewünscht, wie sie im Gespräch mit DerWesten nochmals deutlich machte. Auf Twitter beklagte die ehemalige NRW-Landesvorsitzende der Piraten: „Nicht alles dulden und kleinreden! ... Die Pressemitteilung ist ein Schlag ins Gesicht.“

Rydlewski lobt denn auch den Vorstoß der Jungen Piraten: „Es ist eine Diskussion, die in die richtige Richtung geht. Die breite Debatte zeigt, dass die Piraten bei diesen Themen sensibler geworden sind. Solche Meinungen fallen nicht mehr einfach unter den Tisch.“

Der NRW-Landesvorsitzende Michele Marsching sieht dagegen die Basis in der Pflicht, sich gegen Diskriminierungs-Äußerungen zu wehren. „Die Lösung liegt in den Händen der Mitglieder, nicht beim Vorstand“, so Marsching gegenüber DerWesten. Der Selbstreinigungsmechanismus innerhalb der Partei habe bislang gut funktioniert. Deshalb sei die Debatte auch überbewertet. „Der offene Brief nützt der Debatte nicht, er heizt sie nur an“, kritisierte er.

NRW-Landesverband unterzeichnet alternative Pressemitteilung

Dennoch reagierte auch Marsching am Dienstag öffentlich in einer Pressemitteilung auf die Position des Vorstandes: „Uns, dem Landesvorstand der Piratenpartei Deutschland, Landesverband NRW, geht die gestern veröffentlichte Pressemitteilung nicht weit genug. Wir haben uns daher dazu entschlossen, die Erklärung, die auf der Veröffentlichung des Bloggers „fagri“ basiert, zu unterzeichnen.“ Der Blogger hatte am Montag eine alternative Pressemitteilung ins Netz gestellt, die sich deutlicher von Rassismus- und Diskriminierungsäußerungen distanzierte als die des Vorstandes. Bis Dienstagmittag hatte sie 253 Unterstützer.