Münster/Düsseldorf. Der Medienpädagoge Joachim Paul führt die nordrhein-westfälischen Piraten in die Landtagswahl am 13. Mai. Dem Landesvorsitzenden Michele Marsching, der zuvor favorisiert worden war, fehlten nach eigenen Angaben nur zehn Stimmen, um die 50-Prozent-Hürde zu nehmen.
Joachim Paul führt die nordrhein-westfälischen Piraten in die Landtagswahl am 13. Mai. Am Samstag wurde Paul auf einem Landesparteitag in Münster auf Platz 1 der Landesliste gewählt. Der Medienpädagoge aus Neuss erhielt 202 von 398 Stimmen (50,75 Prozent) und ist damit Teil des Spitzenquartetts. Die weiteren Mitglieder des Führungsquartetts werden in einem weiteren Wahlgang am Sonntag gewählt. Der 54-jährige Paul ist der einzige, der im ersten Wahlgang mehr als die zur Wahl erforderlichen 50 Prozent der Stimmen bekam.
Bildungspolitiker Paul fordert ein eingliedriges Schulsystem. Das Sitzenbleiben soll es nach seiner Vorstellung nicht mehr geben, sondern lediglich die Wiederholung eines speziellen Schulfachs. Andere Themen wolle er sich noch erarbeiten. "Heute bin ich noch ein finanz- und wirtschaftspolitischer Analphabet, morgen nicht mehr", sagte Paul am Samstagabend.
Die Piraten gehen mit einem Spitzenquartett in die Landtagswahl am 13. Mai. 55 Kandidaten haben sich für das Führungsquartett beworben. Um einen Personenkult zu vermeiden, stimmten die Piraten in der Halle Münsterland für eine Änderung des Wahlverfahrens von nur einem Spitzenkandidaten auf ein Spitzenquartett.
Marsching will im zweiten Wahlgang ins Spitzenquartett
Dem Landesvorsitzenden Michele Marsching, der zuvor favorisiert worden war, fehlten nach eigenen Angaben nur zehn Stimmen, um die 50-Prozent-Hürde zu nehmen. Seine Zustimmung für die geplante Diätenerhöhung der Landtagsabgeordneten im Juli habe Stimmen gekostet, sagte er. Vor dem Landesparteitag hatte Marsching der Nachrichtenagentur dapd gesagt: "Da die Diätenerhöhung im Juli planmäßig ist, gehe ich davon aus, dass wir größtenteils zustimmen werden." Marsching musste dafür parteiintern viel Kritik hinnehmen.
Bei einer Vorabbefragung der Kandidaten auf der Website der Piraten, dem sogenannten "Piraten-Wiki", wurde nach dem dapd-Interview der Punkt "Diätenerhöhung" hinzugefügt. Ein Großteil lehnte eine weitere Diätenerhöhung im Juli ab, weshalb Marsching am Samstag sagte: "Ich nehme diese Aussage zurück. Ich bin mit dieser Meinung allein auf weiter Flur. Die Piraten lehnen eine weitere Diätenerhöhung ab." Im "Piraten-Wiki" bat Marsching, "genau auszurechnen, was nach Altersversorgung, Steuern, Wahlkreisbüromiete und Angestelltengehältern auf 50 bis 60 Wochenstunden noch übrig bleibt".
Aufgrund der zweithöchsten Stimmenanzahl im ersten Wahlgang ist der 33-jährige Softwareentwickler zuversichtlich, im zweiten Wahlgang am Sonntag in das Spitzenquartett gewählt zu werden.
Aus rund 170 Bewerbern wählen die Piraten bis Sonntagabend 42 Kandidaten für die Landesliste. Auf einem Landesparteitag am 14. und 15. April in Dortmund soll das Wahlprogramm verabschiedet werden.
Trittin: "Sprüche von CSU-Stammtischen"
Parallel findet auch in Bayern ein Landesparteitag der Piraten statt. Grünen-Chef Jürgen Trittin nahm das zum Anlass zur Kritik an der Frauenpolitik der Piratenpartei. Der "Bild am Sonntag" sagte Trittin, er sehe beim Thema Gleichberechtigung keinen Unterschied zwischen der Piratenpartei und einem CSU-Stammtisch.
Trittin griff damit Äußerungen der Politischen Geschäftsführerin der Piratenpartei, Marina Weisband, auf, denen zufolge das Geschlecht ins Bett und nicht in die Politik gehöre: "Solche Sprüche kenne ich von CSU-Stammtischen, Industrie- und Handelskammern und Besprechungen von Investmentbankern – alles frauenfreie Zonen."
Zur Ablehnung einer Frauenquote in der Piratenpartei sagte Trittin: "In einem Land, in dem Frauen weiterhin diskriminiert werden, ist die Frage des Geschlechts keine Privatangelegenheit, sondern hochpolitisch." (mit dapd)