Washington. . Seit Jahren kämpft George Clooney gegen das Morden im Sudan. Sein jüngster Bericht aus der Kriegsregion findet besonders Gehör: Auch weil der bestaussehenste Menschenrechtler der Welt mit allen Mitteln für sein Anliegen kämpft. Jetzt ließ er sich medienwirksam wegen zivilen Ungehorsams verhaften.

Plastikhandschellen sind gut. Tun nicht weh. Bleiben aber im Gedächtnis. Wer, wenn nicht Schauspieler wüssten das. Also hatte George Clooney es die ganze Woche über auf Plastikhandschellen abgesehen. Als sie ihm wegen „bürgerlichen Ungehorsams“ am Freitag auf dem ramponierten Rasen eines unscheinbaren Hauses an der Massachusetts Avenue in Washingtons Botschaftsviertel von einem ausgesprochen höflichen Polizisten ausgesprochen höflich angelegt wurden, schaute der Hollywood-Star so entspannt feixend in die Fernsehkameras wie in den letzten Szenen von „Ocean’s Eleven“.

Die erste echte Verhaftung im Leben des 50-Jährigen war der Schlusspunkt einer sorgfältig inszenierten Woche, in der Clooney das Elend in einer der abgelegensten Gegenden der Welt gekonnt ins Scheinwerferlicht rückte: Sudan. Erst am Dienstag waren der Schauspieler und sein Mitstreiter, der Menschenrechtsexperte John Prendergast, aus dem afrikanischen Niemandsland zurückgekehrt; im Gepäck einen Dokumentarfilm über Gräueltaten der Regierung des amtierenden Präsidenten Omar al-Baschir, der bereits wegen des Völkermords in der Darfur-Region vom Internationalen Strafgerichtshofe gesucht wird.

George Clooney als Anti-Genozid-Paparazzi

Clooney kennt sich aus. Seit 2007 war er rund zehn Mal im Sudan. Öfter als mehrere Außenminister der Europäischen Union zusammen. Mit eigenem Geld und den Vereinten Nationen, Google sowie der Harvard Universität startete er das „Satellite Sentinel Project“. Aus knapp 500 Kilometern Höhe wird seither regemäßig dokumentiert, wenn das Regime wieder mobil macht gegen die rivalisierenden Volksstämme. „Anti-Genozid-Paparazzi", nennt Clooney das schlagzeilengerecht.

Sein jüngster Reisebericht findet besonderes Gehör. Im Senatsausschuss für internationale Beziehungen berichtet Clooney am Mittwoch mit sonorer Stimme und anhand eines Filmes detailliert von dem Genozid, dem die Menschen in der umkämpften Grenzregion zwischen dem Norden und dem Süden des seit vergangenem Sommer geteilten Sudan ausgesetzt sind. John Kerry, demokratisches Schwergewicht, bedankt sich später für das „außerordentliche bürgerschaftliche Engagement“. Clooney reicht das nicht. Am Donnerstag, beim Staats-Dinner für den britischen Premierminister David Cameron, nutzte er die Plattform für das ansonsten von der Medienwalze schnell überrollte Thema. „Wir fordern eine ganz einfache Sache - dass die Regierung in Khartum aufhört, die eigenen unschuldigen Männer, Frauen und Kinder umzubringen.“ Der Satz kommt in jeder Nachrichten-Sendung vor.

Clooney: "Ich will keine Politik machen, ich will Aufmerksamkeit verstärken"

Präsident Obama empfängt ihn später zum Vier-Augen-Gespräch. Clooney redet keiner militärischen Intervention das Wort. Clooney will diplomatischen Druck ausgeübt wissen. Auf China. „Der größte Teil des Öls aus Süd-Sudan geht normalerweise nach China“, doziert er abends bei Charlie Rose, dem einzigen seriösen Fragensteller im US-Fernsehen, „seit das Land dicht ist, müssen die Chinesen ihr Öl anderswo auf dem Weltmarkt kaufen.“ Also soll Obama seinen Kollegen Hu Jintao Peking doch ins Boot holen, um Khartum zum Einlenken zu bewegen.

In solchen Momenten können sich manche in Amerika, wo mit Ronald Reagan und Arnold Schwarzenegger schon bedeutend schlechtere Schauspieler in der großen Politik etwas wurden, den bestaussehendsten Menschenrechtler der Welt leicht im Weißen Haus vorstellen. Nur Clooney nicht. „Ich will keine Politik machen“, sagt er, „ich will die Aufmerksamkeit für das verstärken, was wichtig ist“.

Wie das geht, ist am Freitag einer kleinen Notiz in der „Washington Post“ zu entnehmen. Clooney, sein Vater Nick, der bekannte Bürgerrechtler Martin Luther King III und ein paar Kongress-Abgeordnete, heißt es da, würden am Morgen vor der sudanesischen Botschaft protestieren. Gesagt, getan. Wenn Sean Penn über die Misere im Erdbeben-Katastrophengebiet Haiti redet, sprüht sein Zorn Funken. Wenn Angelina Jolie (wo auch immer) mütterlose Babys herzt, kullern die Tränen. Wenn U 2-Sänger Bono für Afrika eintritt, fühlt es sich an wie ein überladener Gottesdienst. George Clooneys Engagement für eine bessere Welt ist anders. Nüchterner. Irgendwie cooler. Im Blitzlichtgewitter der Fotografen lässt er sich verhaften, weil er nicht von sudanesischem Diplomaten-Rasen weichen will, zahlt ein Bußgeld für bürgerlichen Ungehorsam und schaut dabei so entspannt feixend drein wie in „Ocean’s Eleven“.

George Clooney festgenommen

Hollywood-Superstar George Clooney ist am Freitag vor der sudanesischen Botschaft in der US-Hauptstadt Washington festgenommen worden. Der...
Hollywood-Superstar George Clooney ist am Freitag vor der sudanesischen Botschaft in der US-Hauptstadt Washington festgenommen worden. Der... © REUTERS
...50-Jährige hatte mit seinem Vater Nick Clooney (r.) und anderen Aktivisten auf den Stufen der Botschaft...
...50-Jährige hatte mit seinem Vater Nick Clooney (r.) und anderen Aktivisten auf den Stufen der Botschaft... © REUTERS
...auf die sich weiter verschärfende humanitäre Krise in dem afrikanischen Land aufmerksam gemacht. Dann...
...auf die sich weiter verschärfende humanitäre Krise in dem afrikanischen Land aufmerksam gemacht. Dann... © AP
...wurden Clooney und sein Vater...
...wurden Clooney und sein Vater... © AFP
...wegen Zivilen Ungehorsams festgenommen und...
...wegen Zivilen Ungehorsams festgenommen und... © AFP
...mit gefesselten Händen...
...mit gefesselten Händen... © AFP
...abgeführt. Der Schauspieler, Regisseur und Produzent engagiert sich...
...abgeführt. Der Schauspieler, Regisseur und Produzent engagiert sich... © REUTERS
...seit Jahren für Frieden im Sudan und macht....
...seit Jahren für Frieden im Sudan und macht.... © REUTERS
...immer wieder auf den Genozid in der Region Darfur aufmerksam. Neben...
...immer wieder auf den Genozid in der Region Darfur aufmerksam. Neben... © AP
...Nick Clooney wurde auch...
...Nick Clooney wurde auch... © REUTERS
...der demokratische Kongress-Abgeordnete Jim Moran (hinten) festgenommen. Noch...
...der demokratische Kongress-Abgeordnete Jim Moran (hinten) festgenommen. Noch... © AP
...vor zwei Tagen war...
...vor zwei Tagen war... © REUTERS
...George Clooney bei US-Präsident Barack Obama...
...George Clooney bei US-Präsident Barack Obama... © REUTERS
...eingeladen. Nach einem Gespräch mit dem Präsidenten...
...eingeladen. Nach einem Gespräch mit dem Präsidenten... © AP
...trat Clooney am Donnerstag vor die Presse und...
...trat Clooney am Donnerstag vor die Presse und... © REUTERS
...die Situation in Darfur.
...die Situation in Darfur. © REUTERS
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