Berlin. Joachim Gauck ist neuer Bundespräsident. In der Bundesversammlung erhielt der 72-jährige ehemalige Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde am Sonntag im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit. Dies bestätigte Bundestagspräsident Norbert Lammert. DerWesten berichtet im Live-Ticker.

14.45 Uhr: Damit schließen wir unseren Live-Ticker. Vielen Dank für Ihr Interesse.

14.37 Uhr: Das Schlusswort - Gauck redet nicht lang, ein paar Minuten bloß. Auf der Tribüne: Lebensgefährtin Daniela Schadt – sie strahlt. Es wird ein versöhnliches Schlusswort. Er will sich für eine „Annäherung zwischen Regierung und Bevölkerung“ einsetzen. Er will sich auch auf neue Personen und Themen einlassen. Zum Schluss das Deutschlandlied. Danach: Party im Bundestag. Freitag wird er noch vereidigt. Norbert Lammert schließt die Bundesversammlung. Deutschland hat einen neuen Superstar, pardon: Bundespräsidenten.

Die Bundesversammlung hat Joachim Gauck mit überwältigender Mehrheit zum elften Bundespräsidenten gewählt.
Die Bundesversammlung hat Joachim Gauck mit überwältigender Mehrheit zum elften Bundespräsidenten gewählt.

14.30 Uhr: Seine erste Rede, Gaucks erster Satz als Bundespräsident: „Was für ein schöner Sonntag!“ In der Stunde seines Triumphs erinnert der frühere Bürgerrechtler an die erste freie Volkskammerwahl in der DDR am 18. März 1990. „Niemals werde ich diese Wahl vergessen.“ Gaucks erster Vorsatz damals: „Ich werde niemals, niemals eine Wahl versäumen.“

14.21 Uhr: Alle stehen auf und klatschen, er sitzt und schaut versonnen: Der nächste Bundespräsident. 991 Stimmen bekam Joachim Gauck. Erstaunlich: Viele Enthaltungen, immerhin 108. Beate Klarsfeld erhielt 126 Stimmen, der NPD-Kandidat drei. Dann der erlösende Satz: "Herr Präsident, ich nehme die Wahl an."

14.20 Uhr: Joachim Gauck ist neuer Bundespräsident.

14.19 Uhr: Habemus Papem? Alles klar: Joachim Gauck betritt den Plenarsaal. Ein sicherer Hinweis dafür, dass die Wahl gelaufen ist.

14.15 Uhr: Die Glocke schrillt: Das ist ein Hinweis darauf, dass es bald wieder losgehen könnte. Viele Wahlfrauen- und Männer haben den Plenarsaal gar nicht erst verlassen. Senta Berger möchte einen ernsten Satz von sich geben: "Mit seinem ganzen Lebensweg ist Joachim Gauck eine Integrationsfigur."

14.10 Uhr: Müssen wir uns etwa Sorgen machen? Um die Vogel-Brüder Bernhard und Hans-Jochen Vogel. Die alten Herren sind in einem erregten Disput. Hans-Jochen, der SPD-Mann, brüstet sich damit, dass er schon 2010 für Gauck und damals gegen Wulff war. Schön, dass die Union jetzt den „Irrtum“ eingeräumt habe.

Tut sie nicht! Bruder Bernhard, von der CDU, weist das zurück. Er war von Wulff überzeugt. Es sei „kein Irrtum“ gewesen. Nicht vom Bruder, sondern nur von Merkel, stellt Hans-Jochen hastig klar. Dann ist ja gut.

14.00 Uhr: Gaucks erste Amtshandlung? Wer weiß, vielleicht einen Orden für seine Konkurrentin Klarsfeld. Dass Beate Klarsfeld es gerne hätte, daran lässt sie in Interviews keinen Zweifel aufkommen. Von den Linken kommt auch das erste positive Feedback zur Lammert-Rede. Der Abgeordnete Stefan Liebich findet es gut, dass Lammert die März-Revolution hervorgehoben und an die zumeist proletarischen Opfer erinnert hat. Liebich wäre dafür, den Bundespräsidenten immer an einem 18. März zu wählen.

13.50 Uhr Mit einem Ohr bei den Kollegen vom „Deutschlandfunk“ reingehört: Der frühere bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber plaudert, er habe schon 1999 Joachim Gauck vorgeschlagen. Aber die CDU war damals noch nicht so weit. Noch ein Gauck-Macher.

13.40 Uhr Alle Wahlzettel sind abgegeben. Jetzt wird gezählt. Das kann 30 Minuten oder noch länger dauern. Lammert bittet die Wahlmänner, sich nicht zu weit zu entfernen. Im Lammert-Sprech: "Schwimmen Sie nicht zu weit raus." Schaun wir derweil, was SPD-Chef Sigmar Gabriel so auf Facebook postet: „Joachim Gauck kann dazu beitragen, die immer tiefere Kluft zwischen der Bevölkerung und der etablierten Politik zu schließen.“ Brav.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Wahl. Foto: afp
Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Wahl. Foto: afp

13.30 Uhr Wolfgang Kubicki, Spitzenmann der FDP in Schleswig-Holstein, ist begeistert: „Jeder Zweite will mit mir fotografiert werden.“ Der Wahlkämpfer musste offenkundig nach Berlin reisen, um das noch zu erleben.

13.15 Uhr Jeder Kandidat hat ein Zimmer, eine Zuflucht, um nicht immerzu auf dem Präsentierteller zu sein. Die Linke Beate Klarsfeld geht von Mikrofon zu Mikrofon. Gauck macht sich rar. Die „Promis“ sind begehrte Gesprächspartner, Senta Berger, Otto Rehhagel (Humor ist, wenn man trotzdem lacht) oder auch der Comedian Ingo Appelt. Was Appelt an Gauck gefällt: Humor. „Den wird man nicht so schnell wegschießen“, sagt er. Was Appelt bei Wulff vermisst hat: „Humor im Umgang mit der Affäre“ …

13.00 Uhr: Großes Gedränge in den Fluren des Reichstages mit Delegierten, Journalisten und Mitarbeitern. Es herrscht eine heitere und gelassene Atmosphäre. Einige Wahlmänner haben auch Verwandte mitgebracht. Es ist eine Wahl mit Ausflugcharakter, und das Wetter spielt mit: Kaiserwetter an der Spree.

In den Gängen wurden Fernseher aufgestellt: Da, die Kameras zoomen ein besonderes Trio heran, Kanzlerin Angela Merkel, Verlegerin Friede Springer und die Journalistin Alice Schwarzer im Gespräch. Plauderstunde im Plenarsaal.

12.50 Uhr Von den 1240 Wahlfrauen- und Männern fehlen einige. Es sind 1233. Hin- und her hinter den Kulissen: Wer rückt nach? Die Union benennt - aus Respekt vor der Person – keinen Vertreter für den erkrankten Jörg Schönbohm. Gleich zu Anfang wird Ismail Abdi aufgerufen, ein Wahlmann der Grünen aus Schleswig-Holstein. Merke: Deutschland ist ein Einwanderungsland, auch bei der Bundesversammlung.

Joachim Gauck, Beate Klarsfeld und Olaf Rose sind die Kandidaten 

12.35 Uhr: Joachim Gauck, Beate Klarsfeld, Olaf Rose. Die Kandidatenriege. Die Wahl beginnt. Jeder Delegierte wird – nach dem Alphabet - dazu aufgerufen. Das dauert. Der altersmilde Hans-Jochen Vogel (SPD) kalauert, „darf man simsen?“ Bei einer Bundesversammlung war das Ergebnis voreilig und indiskret – aus der Zählkommission heraus – „durchgestochen“ worden.

12.30 Uhr Die NPD stellt mehrere Anträge zur Wahl. Abgelehnt. Die große Mehrheit setzt sich durch. Die NPD hatte vor allem auf eine "Vorstellungsrunde" beharrt. Sie wollen ihrem Kandidaten Olaf Rose zu einer Bühne verhelfen. Keine Extrawurst. Lammert zeigt seine Zähne.

Die Neuwahl des Bundespräsidenten. Foto: rtr
Die Neuwahl des Bundespräsidenten. Foto: rtr

12.20 Uhr: Die Wucht des Datums: Eine "glückliche Fügung", sagt Lammert. Er erinnert an die Märzrevolution 1848. Ebenfalls am 18. März, diesmal 1990, fand die erste freie Volkskammerwahl in der DDR statt. Lammert schlägt vor, das Staatsoberhaupt künftig regelmäßig an einem 18. März zu wählen (statt am am 23. Mai, am Tag der Verfassung). Viel Beifall. Zuvor hatte der CDU-Mann die Rolle der Medien in der Wulff-Affäre kritisiert. Lammert würdigt aber auch: „Es gibt keine Demokratie ohne Transparenz und Kontrolle.“ Wulff selbst wird nur beiläufig erwähnt. Der zurückgetretene Präsident ist übrigens eingeladen, bleibt der Wahl seines Nachfolgers aber fern.

12.10 Uhr: Lammert begrüßt die Wahlfrauen- und männer, ganz speziell Bundesratspräsident Horst Seehofer. Der bayrische Ministerpräsident hatte nach dem Wulff-Rücktritt den Bundespräsidenten vertreten. Bis heute.

Erste Lacher: Lammert erinnert ironisch daran, dass der Präsident für fünf Jahre gewählt werde. Der vorzeitige Wechsel sei weder eine Staatskrise noch eine Routineangelegenheit.

Bundesversammlung zur Präsidentenwahl zusammengetreten  

12.00 Uhr: Die 15. Bundesversammlung - bestehend aus 1240 Delegierten aus Bund und Ländern - wird von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) eröffnet. Großes Gedränge. Nur die ersten Reihen sind reserviert, dahinter lief der diskrete Kampf um die pole position. Erfahrene Hinterbänkler suchen sich früh einen Platz im Schwenkkreis der Kameras. Gauck verfolgt das Geschehen auf der Ehrentribüne. Die anderen zwei Bewerber nehmen im Plenarsaal Platz.

Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft im Bundestag ein. Foto: rtr
Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft im Bundestag ein. Foto: rtr

11.48 Uhr: Die Publizistin Alice Schwarzer, von der CDU als Wahlfrau für die Bundesversammlung aufgestellt, verzichtet an diesem Sonntag auf das Feminismus-Ticket. Sie werde bei der Wahl des Bundespräsidenten für Joachim Gauck stimmen, sagte die "Emma"-Herausgeberin dem Fernsehsender N-TV vor Beginn der Wahl im Reichstag. Schwarzer sagte: "Den Herrn Gauck finde ich sympathisch." Zwar habe sie auch Sympathien für Gaucks Konkurrentin Beate Klarsfeld. Allerdings ergänzte Schwarzer: "Nur Frau sein genügt nicht."

11.45 Uhr: Bald geht es los. Der Bundestag gleicht einem Bienenkorb. Zählappell in den Fraktionen. In der Union bleibt der Platz von Jörg Schönbohm (er hatte einen Schlaganfall erlitten) frei, zwei Sozialdemokraten haben sich krank gemeldet. Kein Drama. Die Mehrheit für Joachim Gauck ist erdrückend.

Die Linke bleibt locker. Über ihre Kandidatin Beate Klarsfeld sagt Luc Jochimsen im Fernsehen, ihre Bewerbung sei eine "Fußnote der Geschichte", aber das sei "besser als gar nichts." Jochimsen muss es wissen. Sie war selbst mal Zählkandidatin. Begonnen hatte der Tag mit einem Gottesdienst. Im Mittelpunkt: das Baby von SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles, das ausdrücklich von Prälat Justen begrüßt wurde.

11.35 Uhr: Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer will seine Erfahrungen als amtierendes Staatsoberhaupt für seine Amtsführung als bayerischer Ministerpräsident nutzen. "Die vier Wochen habe meine Amtsauffassung durchaus verändert" sagte Seehofer der Zeitung "Bild am Sonntag" laut Vorabbericht. "Ich habe öfter im Kammerton gesprochen, mich herausgehalten. Das war geboten und kam bei den Bürgern an."

BundespräsidentSeehofer sagte, künftig wolle er sich stärker auf das Erklären und Erläutern verlegen. Der Rückgriff auf die eigene Lebenserfahrung, um daraus Schlüsse für die Politik zu ziehen, bewege die Menschen. "Das ist auch der Stil von Joachim Gauck", sagte er.

Seehofer ist derzeit Bundesratspräsident. Der Präsident der Länderkammer übernimmt beim Rücktritt des Bundespräsidenten dessen Amtsgeschäfte bis zur Wahl eines Nachfolgers.

Lebensgefährtin will Gauck nicht fürs Protokoll heiraten  

11.08 Uhr: Deutschlands künftige First Lady Daniela Schadt will Joachim Gauck nicht heiraten, nur weil er Staatsoberhaupt geworden ist. "Nur aus protokollarischen Gründen zu heiraten, das fände ich auch nicht richtig", sagte Schadt der Zeitung "Bild am Sonntag".

Zu der Forderung, Gauck solle sich von seiner Ehefrau scheiden lassen, von der er seit mehr als 20 Jahren getrennt lebt, sagte Schadt: "Nachdem nicht nur Jochen und ich, sondern die ganze Familie mit unserer Regelung gut leben können, kann vielleicht auch der Rest der Gesellschaft damit leben." Sollte es doch einmal ein protokollarisches Problem bei einer Reise geben, "dann erkenne ich das natürlich an und komme nicht mit".

11.03 Uhr: Die Bundesversammlung beginnt um 12 Uhr. Das Gremium tritt nur bei Bundespräsidenten-Wahlen zusammen. Im gehören alle 620 Mitglieder des Bundestages an. Hinzu kommt eine gleiche Anzahl von Delegierten, die von den Landesparlamenten entsandt werden. Bei ihnen handelt es sich in den meisten Fällen um Landtagsabgeordnete. Es können aber auch Kommunalpolitiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ein Mandat erhalten. In diesem Jahr sind etwa die Schauspieler Senta Berger und Jan Josef Liefers, Comedian Ingo Appelt, Hertha-BSC-Trainer Otto Rehhagel und der Moderator Frank Elstner mit von der Partie.

10.53 Uhr: SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte am Morgen, Gauck werde jemand sein, der die Würde dieses Amtes sehr schnell wieder herstellen werde. Auf Gaucks Schultern lasteten "fast übermenschliche Erwartungen". Er erwarte, dass Gauck für Demokratie und Freiheit werbe. Mit Blick auf das Thema Integration sagte Steinmeier, es gebe keinen Bundespräsidenten, der dieses Thema vernachlässigen könne.
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles erwartet von Gauck, dass er eine Brücke baue, um die "Zerrüttung zwischen Politik und Menschen" zu beseitigen.

10.39 Uhr: Joachim Gauck und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt werden im Fall der Wahl Gaucks zum Bundespräsidenten voraussichtlich die Dienstvilla in Berlin-Dahlem beziehen. "Wahrscheinlich macht es Sinn, dass wir die nutzen", sagte Schadt der "Bild am Sonntag". Für ihre bisherigen Nachbarn in Schöneberg sei es "nicht besonders lustig, dass sie durch die Sicherheitsvorkehrungen nicht mehr vorm Haus parken können", sagte Schadt. Das Schloss Bellevue kommt als Wohnort aber nicht infrage. "Das geht gar nicht mehr."

Gottesdienst vor Bundesversammlung - Dank an Wulff 

10.34 Uhr: Zum Festakt in der Thomaskirche wird am Dienstag auch Joachim Gauck erwartet, der am Sonntag zum neuen Bundespräsidenten gewählt werden soll und in Leipzig voraussichtlich seinen ersten größeren Auftritt als deutsches Staatsoberhaupt haben wird. Ob Gauck auch an dem geplanten Festumzug teilnehmen wird, war allerdings noch offen.

10.30 Uhr: Nach der Einstimmung auf die Bundesversammlung in der Französischen Friedrichstadtkirche am Gendarmenmarkt sind noch einmal Fraktionssitzungen geplant, bevor die Bundesversammlung gegen Mittag zusammentritt. Erwartet wird, dass der Kandidat von Union, SPD, FDP und Grünen, Joachim Gauck schon im ersten Wahlgang gewählt wird.

Vor der Wahl des neuen Bundespräsidenten sind am Morgen zahlreiche Mitglieder der Bundesversammlung zu einem ökumenischen Gottesdienst in Berlin zusammengekommen. An dem Gottesdienst am Sonntagmorgen in der Berliner Friedrichstadtkirche nahm auch der Kandidat Joachim Gauck teil, dessen Wahl zum neuen Staatsoberhaupt als sicher galt. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war anwesend, ebenso Spitzenpolitiker der anderen im Bundestag vertretenen Parteien.

Gaucks Wahl gilt als sicher

Der katholische Prälat Karl Jüsten warnte in seiner Predigt vor überhöhten Erwartungen an die Politik. "Halten wir Maß!", sagte er laut vorab verteiltem Predigttext. "Überfordern wir unseren neuen Bundespräsidenten nicht mit zu hohen Erwartungen." An die Medien richte er die Bitte: "Haben Sie bei der notwendigen kritischen Begleitung den nötigen Respekt vor dem Amtsinhaber!" Jüsten würdigte in seiner Predigt das bürgerliche Engagement fürs Gemeinwohl und schloss in diesen Dank auch den zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff ein.

Gaucks Wahl gilt als sicher, weil er in der Bundesversammlung auf die Unterstützung von Union, SPD, Grünen und FDP zählen kann. Die Linkspartei hat die als Nazi-Jägerin bekannte Publizistin Beate Klarsfeld als Kandidatin aufgestellt, auch die rechtsextreme NPD schickt einen eigenen Kandidaten in die Wahl. Die 1240 Mitglieder der Bundesversammlung sollen um 11 Uhr im Plenarsaal des Bundestags in Berlin zusammenkommen. Die Wahl war durch den Rücktritt des früheren Präsidenten Wulff nötig geworden. Mit Material von afp/dapd/rtr