Washington. . Am Montag besucht Israels Premier Benjamin Netanjahu die USA. Präsident Obama will keinen Krieg gegen den Iran, schon weil er im November einen wichtigen Termin hat. Ist jetzt die letzte Gelegenheit, Israel zu überzeugen?

Ein Nadelöhr ist geräumig gegen das, was Barack Obama außenpolitisch jetzt vor sich hat. Am Montag will der amerikanische Präsident dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu im Weißen Haus ausreden, die Atom-Anlagen im Iran zu bombardieren. Netanjahu will dagegen das neunte Treffen mit Obama binnen drei Jahren nutzen, um dem Regierungschef ein verbindliches Wenn-Dann-Versprechen abzuringen: Wenn Israel auf Solo-Aktionen verzichtet und trotzdem alle Sanktionen scheitern, Teheran von dem Erreichen nuklearer Kapazitäten abzuhalten, dann muss Washington die Führungsrolle übernehmen und die Atom-Anlagen vernichten.

Das israelische Verlangen, Teheran in diesem Tenor weltöffentlich „rote Linien“ aufzuzeigen, deren Überschreiten unmittelbare militärische Konsequenzen haben müsste, wird von der amerikanischen Regierung bisher als schädlich abgelehnt. Obamas Argumentation folgt dabei den Spitzen der Geheimdienste und des Militärs: Deren höchste Vertreter haben jüngst in Kongress-Ausschüssen festgestellt, dass der Iran derzeit weder eine Atombombe baut noch definitiv den Plan dazu gefasst hat. Ein Militärschlag mit dem Ziel, die unterirdischen Atomanlagen vorbeugend zu zerstören, bevor das Mullah-Regime genügend Uran zum möglichen Bau einer Kernwaffe angereichert haben könnte, stünde damit „auf ähnlich dünnem Eis“ wie der Einmarsch im Irak, sagen Regierungsberater. Damals hatten die USA angegeben, es gebe sichere Beweise dafür, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besitze. Wie sich später herausstellte – eine glatte Lüge.

Die Schutzmacht USA würde unweigerlich mit hineingezogen

Washington befürchtet nach einem Militärschlag, den Israel seit Wochen in Erwägung zieht, Vergeltungsschläge Teherans, die den labilen Nahen Osten in Brand setzen könnten und die USA als erklärte Schutzmacht Israels unweigerlich in einen weiteren Militäreinsatz zögen. Rapide steigende Ölpreise würden zudem innenpolitisch die wirtschaftliche Lage in Amerika zusätzlich belasten und Obamas Wiederwahlchancen im November beeinträchtigen. Obamas Linie, so Regierungssprecher Carney, ist unverändert: Die harten Wirtschaftssanktionen gegen Iran fruchteten allmählich, so dass noch Zeit für eine diplomatische Beilegung des seit Jahren schwelenden Konflikts bleibe. Im Hintergrund, so schreibt die „Washington Post“, trifft das Pentagon allerdings bereits Vorbereitungen für die militärische Flankierung eines israelischen Angriffs.

Netanjahus Sichtweise ist völlig anders: Teheran sagt, sein Atomprogramm dient nur der friedlichen Energiebeschaffung. Gleichzeitig verweigert sich das Mullah-Regime diesbezüglich hartnäckig Kontrollen der Internationalen Atomenergiebehörde. Je länger dieser Zustand hingenommen wird, desto eher besitzt der Iran in militärisch kaum mehr erreichbaren unterirdischen Anlagen die Fähigkeit zur Herstellung der Bombe, was die nationale Sicherheit Israels in nicht hinnehmbarer Weise gefährdet. Darum: besser heute als morgen bombardieren.

Obama muss sich der pro-israelischen Lobby stellen

Vor der Begegnung mit Netanjahu erwartet Obama am Sonntag ein Gang durchs politische Minenfeld. Bei der Tagung der einflussreichen pro-israelischen Lobbygruppe AIPAC in Washington wird sich Obama in dem Spagat versuchen, die gleiche Linie – kein Militärschlag gegen Teheran jetzt – zu vertreten, ohne dabei die Unterstützung jüdischer Wähler und Geldgeber zu riskieren und in Tel Aviv Zweifel an der Solidarität Amerikas zu schüren.

Eine Aufgabe, die dadurch erschwert wird, dass dort mit Mitt Romney, Rick Santorum und Newt Gingrich drei republikanische Präsidentschaftskandidaten auftreten werden, die ähnlich wie Netanjahu ein entschieden härteres Auftreten gegen den Iran fordern, einem Militärschlag das Wort reden und Obamas Hängepartie-Politik als Zeichen von Schwäche kritisieren. Wie gesagt, ein Nadelöhr ist geräumig gegen das, was Barack Obama vor sich hat.