Berlin. . Teheran lässt die internationalen Atom-Inspekteure abblitzen. Und die Drohungen aus Israel sind mehr als ein Säbelrasseln. Die Amerikaner halten auch für möglich, dass die Israelis auch ohne den “Segen“ der USA losschlagen würden. Die wichtigsten Fragen.
Als es brisant wurde, da blieben die Türen in Teheran versperrt. Die Kontrolleure der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEO) kehrten gestern unverrichteter Dinge nach Wien zurück. Zwei Tage lang hatten sie vergeblich versucht, eine Anlage auf der Militärbasis Parchin, 30 Kilometer von der Hauptstadt, zu inspizieren. Die Sorge, dass der Iran Atomwaffen entwickelt, ist nicht unbegründet. Die Drohungen Israels mit einem Militärschlag werden ernst genommen. Ein Spiel mit dem Feuer? Ein Überblick:
Was genau treibt die Inspekteure um?
In der Militärzone vermuten sie einen Behälter, in dem Versuche mit nuklearen Sprengköpfen simuliert werden könnten. Es wäre ein entscheidender Schritt.
Warum?
Die Geheimdienste glauben, dass die Raketen schon fertig entwickelt sind; und sie wissen, dass Uran angereichert wurde, wiewohl nicht in ausreichender Menge. Es fehlt vor allem die letzte Stufe: Die Entwicklung von Sprengköpfen. Dazu muss man Tests machen, die hinterlassen Spuren. Hätte das IAEO-Team sie gefunden, dann wären sie der „rauchende Colt“ gewesen, wie die Amerikaner sagen: Der Beweis. Umgekehrt hätte die Prüfung den Iran entlasten können, der nur die zivile Nutzung der Kernkraft zugibt und nach seiner eigenen Lesart nichts zu verbergen hat.
Was belastet den Iran noch?
Teheran ließ seit 2008 Fragen der IAEO unbeantwortet. Es will nach eigenen Angaben 3000 Zentrifugen in Betrieb nehmen, um Uran anzureichern. Es baut die unterirdische Anlage Fordo bei Ghom aus. Unter anderem steht jetzt die Stromversorgung.
Wie geht es weiter?
Die Israelis, die sich unmittelbar bedroht fühlen, spielen mit dem Gedanken eines Luftschlags. Die Pläne gibt es. Präsident Shimon Peres hat sie bestätigt. Raketen wurden getestet, und längst über Sardinien Manöver abgehalten. Die USA warnen vor einer Eskalation. Tom Donilon, Sicherheitsberater von Präsident Barack Obama, trug kürzlich in Israel seine Bedenken vor. Auch US-Generalstabschef Martin Dempsey riet vom Spiel mit dem Feuer ab. Die IAEO wird sich im März mit dem Bericht ihres Expertenteams befassen.
Würde Israel ohne den „Segen“ der USA losschlagen?
Das halten die Amerikaner für möglich, und zwar schon in den nächsten Monaten.
Was spricht für einen baldigen Angriff der Israelis?
Die Programmfortschritte der Iraner, ihr Katz-und-Maus-Spiel mit der IAEO. Es war schon das zweite Mal binnen kürzester Zeit, dass die Inspektoren düpiert wurden. Wenn es stimmt, dass der Iran die Zentrifugen in eine Anlage 90 Meter unter der Erde verlegen will, kann man aus militärischen Gründen nicht lange warten. Die Waffen der Israelis können nur bis zu einer Tiefe von 15 Metern Schaden anrichten. Dazu kommt: Nach dem US-Abzug aus dem Irak wird der Luftraum schlecht überwacht. Das wird nicht lange so bleiben, aber es wäre derzeit ein militärischer Vorteil für Israel. Ihre Flugzeuge könnten fast unbemerkt an die iranische Grenze gelangen. Politisch kommt hinzu, dass in den USA Wahlkampf ist. Obama und sein Herausforderer würden kaum mit Israel brechen. Die Amerikaner sind traditionell pro Israel eingestellt.
Droht ein Flächenbrand?
Das ist schwer zu sagen. Eine Solidarisierung der muslimischen Welt ist wahrscheinlich, auch Terroranschläge wären zu befürchten. Für einige Experten läuft der Konflikt an, auf kaltem, heimlichem Wege: Mehrere iranische Atomforscher wurden ermordet. Im Gegenzug fielen einige Israelis in Georgien und Thailand Anschlägen zum Opfer.