Essen. . Neue Anmeldezahlen belegen: Im Ruhrgebiet sind vor allem Schulen gefragt, die zum Abitur führen. Die klassische Dreigliedrigkeit des Schulsystems gerät mehr und mehr in den Hintergrund. In den Städten ist die Zahl der Anmeldungen an die Hauptschulen verschwindend gering.
In Nordrhein-Westfalen verschwindet mehr und mehr das klassische dreigliedrige Schulsystem mit Gymnasium, Realschule und Hauptschule. Stattdessen setzt sich in immer mehr Kommunen ein zweigliedriges System durch mit Gymnasium und Gesamtschule. Dieser Trend lässt sich aus den aktuellen Anmeldezahlen für die weiterführenden Schulen ableiten, die die Lokalredaktionen dieser Zeitung ermittelten.
Ob Essen, Duisburg oder Witten: Trotz sinkender Schülerzahlen wird zum Schuljahr 2012/2013 die Zahl der Schüler an den Gymnasien steigen, die Gesamtschulen bleiben auf ihrem hohen Niveau. Die Schülerschaft an den Realschulen sinkt, die Hauptschulen spielen – zumindest in den großen Städten – kaum noch eine Rolle. Besonders drastisch ist der Niedergang der Hauptschule in Essen: Dort wollen nur noch 85 Kinder eine der sechs verbliebenen Hauptschulen besuchen.
„Viele Realschulen funktionieren sehr gut“
Bezeichnend ist auch die Situation in Velbert. Dort platzt die Gesamtschule Velbert-Mitte aus allen Nähten. 249 Kinder meldeten sich an, aufnehmen kann die Schule nur 174. „Wer einen Platz an unserer Schule bekommt, darüber entscheidet das Los“, sagt Schulleiterin Antje Häusler. Auch eines der beiden Gymnasien muss Schüler abweisen – profitieren werden die beiden Hauptschulen, die ohne die abgewiesenen „Rückläufer“ wohl vor dem Ende stünden.
„Der Trend zur Zweigliedrigkeit wird in den kommenden Jahren zunehmen“, sagt der Dortmunder Schulforscher Ernst Rösner der WAZ. In der Tat stehen in den kommenden zwei Jahren noch zahlreiche Neugründungen von Gesamt- und auch Sekundarschulen an, die Haupt- und Realschule vereinen und mit gymnasialen Standards den Weg zum Abitur offen halten.
Dass auch Realschulen um ihr Bestehen fürchten müssen, bedauert Peter Silbernagel, Vorsitzender des Philologenverbandes NRW: „Viele Realschulen funktionieren sehr gut.“ Womöglich müssten nun die Gymnasien die Qualitätsstandards herunterschrauben, befürchtet Silbernagel.
Der Berliner Bildungsforscher Heinz Elmar Tenorth widerspricht in der „Zeit“: Die Intelligenz sei in allen Industriestaaten gewachsen. „Wir haben klügere Schüler.“