Köln. Seltsame Allianz: Nachdem die rot-grüne Landesregierung Deutschlands bekanntester Feministin die Fördermittel für ihren FrauenMediaTurm in Köln gestrichen, bewahrt nun Bundesfamilienministerin Kristina Schröder das Projekt mit einer Finanzspritze vor dem endgültigen Aus.

Dass es einmal soweit kommt, hätte sich Alice Schwarzer sicher nicht träumen lassen: Ausgerechnet eine rot-grüne Landesregierung mit mehreren Frauen an der Spitze bringt durch Kürzungen ihr feministisches Archiv in Not. Und wer rettet Schwarzers Lebenswerk? Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU), jene Frau also, der Schwarzer einst öffentlich Stammtischparolen aus den 1970ern und Inkompetenz unterstellte. Das Motto zu dem politischen Schauspiel könnte lauten: "In der Not frisst der Teufel Fliegen."

Schröder sichert die Zukunft von Schwarzers FrauenMediaTurm in Köln, indem sie am Dienstag für insgesamt vier Jahre jeweils 150.000 Euro an Fördermitteln zusagte. Zuvor hatte das Land unter Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und Vize-Regierungschefin Sylvia Löhrmann (Grüne) die Zuschüsse um ein Drittel auf 70.000 Euro reduziert - ein schmerzhafter Einschnitt für Schwarzer, die um die Zukunft des Projekts bangte und von einem "Todesstoß" sprach.

Gerettet: Schwarzers FrauenMediaTurm
Gerettet: Schwarzers FrauenMediaTurm

Das Archiv, das rund 15.000 Bücher, 25.500 Zeitschriften und rund 32.650 Aufsätze zur Frauenbewegung umfasst, hat seit 28 Jahren Bestand. Die Christdemokratin Schröder springt nun finanziell ein: "Ich mache das aus Freude und Überzeugung." Es gehe nicht "um die Übereinstimmung in jeder Tonlage oder Argumentationsweise, sondern um den Grundkonsens." Bedeutende Zeugnisse dieser bedeutenden Bewegung müssten erhalten, unterstützt und befördert werden.

Schwarzer steckte in der Zwickmühle

Die 69-jährige Schwarzer, die doppelt so alt ist wie Schröder, steckte in der Zwickmühle. Um ihr feministisches Archiv vor dem Aus zu bewahren, hatte sie in Düsseldorf vor Journalisten auf die Pauke gehauen, die Stadt Köln gebeten und schließlich auf private Spender zurückgegriffen. Doch die vom Medienprofi Schwarzer losgetretene Kampagne schien zunächst zu scheitern.

Kraft, Löhrmann und die grüne NRW-Emanzipationsministerin Barbara Steffens blieben trotz immer neuer Schwarzer-Attacken hart. Die Verhältnismäßigkeit der Fördermittel müsse gewahrt bleiben, hieß es. Die Feministin machte erbost die Kölner Grünen "und ihr Milieu" verantwortlich für eine "Gegnerschaft, die uns verfolgt".

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU)
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU)

Auf die Frage, ob sie bei Rot-Grün in NRW politisch in Ungnade gefallen sei, weil sie auch schon mal lobende Worte für CDU-Kanzlerin Angela Merkel gefunden hatte, antwortete Schwarzer bei einer denkwürdigen Pressekonferenz in Düsseldorf: "Das will man sich ja gar nicht vorstellen." Sie sei doch kein "Vasall" von Rot-Grün. Die Journalisten mögen bitteschön mal selbst über die Hintergründe der Kürzungen des Landes NRW recherchieren.

Die Not muss groß gewesen sein

Die Not muss jedenfalls groß gewesen sein, wenn Schwarzer, die Grande Dame des deutschen Feminismus und Herausgeberin der Frauenzeitschrift "Emma", sich ausgerechnet von der jungen Ministerin aus dem konservativen Lager helfen lässt. Schwarzer bedankte sich in einem Eintrag auf ihrer Internetseite. "Das finde ich echt souverän, Frau Schröder!", schrieb die Frauenrechtlerin. Beide hätten bei einem Telefongespräch gelacht - und nun einen Schulterschluss gemacht.

Im November 2010 hatten beide ihre Fehde öffentlich in den Medien ausgetragen. Schröder hatte die feministische Bewegung in Teilen für völlig fehlgeleitet erklärt. "Ich glaube, dass zumindest der frühe Feminismus teilweise übersehen hat, dass Partnerschaft und Kinder Glück spenden", erklärte sie und ging noch weiter: "Zum Beispiel, dass der heterosexuelle Geschlechtsverkehr kaum möglich sei ohne die Unterwerfung der Frau. Da kann ich nur sagen: Sorry, das ist falsch."

Schwarzer reagierte biestig. "Die einzig aufregende Nachricht aus Ihrem Amt war Ihr Namenswechsel von Köhler auf Schröder", schrieb sie damals in einem Offenen Brief. Und setzte nach: "Was immer die Motive der Kanzlerin gewesen sein mögen, ausgerechnet Sie zur Frauen- und Familienministerin zu ernennen – die Kompetenz und Empathie für Frauen kann es nicht gewesen sein."